Wie viele Alleingeburten gibt es eigentlich? Gibt es so etwas wie einen Trend? Wie sicher ist diese Geburtsoption?
1. ZWECK DER ERFASSUNG
Der Hauptzweck dieser Erfassung ging der Kernfrage nach: Wie viele Alleingeburten gibt es eigentlich in Deutschland?
Zudem sollte dargestellt werden, ob es sich bei der Alleingeburt um einen wachsenden Trend handeln könnte.
Die Erfassung war ursprünglich auf den Raum Deutschland, Österreich und Schweiz ausgerichtet. Da sich im Verlaufe des Erfassung auch Meldungen einiger deutschsprachiger Frauen ergaben, die sich zum Zeitpunkt der Geburt im Ausland aufhielten, wurden auch diese erfasst.
Mit der Erfassung des eigentlichen Aufkommens wurden auch zusätzliche Informationen freiwillig mitgeteilt, z.B. ob die Mutter Erstgebärende oder eine Alleingeburt-Wiederholerin war. Ebenso die Informationen, in welcher Geburtslage das Kind zur Welt kam; ob die Mutter sogenannte „Risikofaktoren“ begleiteten, wie zum Beispiel eine Geburt nach vorangegangenem Kaiserschnitt (VBAC) oder einer begleitenden mütterlichen Erkrankung, die eine außerklinische Geburt im Regelfall ausschließen, aber trotzdem von den Müttern selbst verantwortet wurden.
Die insgesamt gesammelten Informationen lassen nun zusätzlich weitere Rückschlüsse über die Handlungsbereitschaft bei Komplikationen zu und können helfen,
eine mögliche Aussage über die Sicherheit von Alleingeburten zu treffen.
2. Vollständigkeit
Bisher wurden Alleingeburten von keiner Institution erfasst und daher konnten auch keine Aussagen über eine Zunahme von Alleingeburten, noch über deren Sicherheit getroffen werden.
Das Statistische Bundesamt (www.destatis.de) erfasst die Gesamtzahl der über die Standesämtergemeldeten Geburten innerhalb Deutschlands. Außerklinische Geburten mit Hinzuziehung einer Hebamme werden durch die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. (www.quag.de) erfasst. Für Frauen, die jedoch ohne jegliche Form offizieller Geburtshilfe ihre Kinder gebären, fehlte bisher ein Werkzeug um diese zu erfassen. Diesem Umstand soll mit Hilfe vorliegender kumulativer Erfassung Abhilfe geleistet werden.
Eine lückenlose Erfassung von allen Alleingeburten ist jedoch nicht möglich, da es an einer Kontrollinstanz fehlt. Daher erhebt die vorliegende Erfassung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
3. Definitionen
3.1 Definition „Alleingeburt“
Eine Alleingeburt ist eine Geburt, die ohne Hinzuziehung von einer Hebamme oder einem Arzt durchgeführt wird. Die gebärende Mutter muss dazu nicht zwangsläufig ganz allein sein. Es können ihr Lebenspartner/Lebenspartnerin, bereits vorhandene Kinder, nahe Angehörige, Freundinnen oder eine freie Doula anwesend sein. Eine Alleingeburt definiert sich also nicht über das Alleinsein, sondern die Abwesenheit einer „Fachperson“, die für die Begleitung von Geburten ausgebildet, staatlich zugelassen und versichert ist.
Maßgeblich wurde die eigentliche Geburt des Kindes betrachtet und als Alleingeburt gezählt. In wenigen Fällen (vorwiegend bei ungeplanten Alleingeburten) war eine Hebamme zur Geburt der Plazenta anwesend.
3.2 Definition „geplante“ und „ungeplante Alleingeburt“
In der vorliegenden Erfassung werden geplante und ungeplante Alleingeburten unterschieden. Ungeplante Alleingeburten waren entweder im Krankenhaus, im Geburtshaus oder als Hausgeburt mit Hebamme geplant, endeten jedoch als Geburt ohne Anwesenheit einer Fachperson. Dies geschah, wenn die Gebärende unter der Geburt spontan und intuitiv entschied, die Hausgeburtshebamme nicht bzw. zu spät zu rufen oder die Hebamme aus unvorhergesehenen Gründen zu spät eintraf. Geburten, die auf dem Weg in das gewählte Geburtshaus bzw. Krankenhaus stattfanden, sogenannte „birth before arrival“ (BBA) wurden ebenfalls als ungeplante Alleingeburt gewertet.
3.3 Definition „abgebrochene Alleingeburt“
Erfasst wurden, soweit bekannt, auch geplante Alleingeburten, die während des Geburtsgeschehens abgebrochen wurden. Diese Geburten wurden entweder als Hausgeburt mit Hebamme fortgesetzt oder nach Verlegung ins Krankenhaus in diesem beendet.
4. Woher kommen die Daten?
Mehrere Quellen dienten vorliegender Erfassung als Grundlage.
Ein Teil der Daten ist öffentlich zugänglich und für jedermann recherchierbar. Es handelt sich um Geburtsberichte auf Webseiten und sogenannten Blogs, bzw. Video-Dokumentationen.
Teilöffentliche Geburtsberichte finden sich vorwiegend in Social-Media-Kanälen, wie beispielsweise Facebook. In insgesamt 5 geschlossenen Facebook-Gruppen kann man als registriertes Mitglied diese Geburtsmeldungen nachlesen.
Auch in Elternforen werden Geburtsberichte von Alleingeburten online gestellt, welche ebenfalls nur registrierten Mitgliedern zugänglich sind.
Nichtöffentliche Geburtsberichte können nicht durch den Leser nachrecherchiert werden, da es sich um persönliche Mitteilungen an mich als die Herausgeberin handelt. Man möge mir diesbezüglich Vertrauen schenken. Der Vorteil dieser persönlichen Meldungen war die Bereitschaft der Frauen, mir anhand eines Fragenkatalogs nähere Auskünfte zu geben, um diese entsprechend auszuwerten. Die persönliche Geburtsmeldung wurde überwiegend von Frauen genutzt, denen eine Erfassung wichtig erschien, sie jedoch aus verschiedenen Gründen nicht bereit waren, ihre Informationen im Internet zu verbreiten.
Um den Lesefluss dieses Berichtes beizubehalten sind sämtliche Quellen als Nachweise im Quellenverzeichnis aufgeführt.
5. Datenerhebungszeitraum
Die gesammelten Geburten wurden aktiv und fortlaufend seit August 2014 – just in time – erfasst. Darüber hinaus wurden Geburten vor August 2014 recherchierend erkundet (letzte Internetrecherche 31.01.2018) und durch aktives Zuarbeiten von in der Alleingeburt-Szene aktiven Frauen, Doulas und Hebammen übermittelt.
6. Auswertung
6.1 Alleingeburten je Jahr
Die Summe der insgesamt erfassten Alleingeburten beträgt 525 und verteilt sich auf die Jahre 1990, 1991, 1997 und 2002 bis 2018.
Die Geburten des laufenden Jahres 2018 sind bis zum Stand 31.01.2018 erfasst.
6.2 Alleingeburten deutschsprachiger Mütter in der Länderübersicht
Der überwiegende Teil der erfassten Alleingeburten fanden in Deutschland statt. Hier wurden 435 geborene Kinder erfasst.
Im Nachbarland Schweiz wurden 24 Kinder geboren. In Österreich gab es 22 Alleingeburten, aus welchen 23 lebend geborene Kinder hervorgingen, da es hier die einzigste bisher erfasste Zwillings-Alleingeburt gab.
Im übrigen Ausland wurden weitere 44 Geburten durch deutschsprachige Mütter bewerkstelligt, welche sich zum Zeitpunkt der Geburt in den folgenden Ländern aufhielten. Darunter Schweden mit 5 Geburten, Frankreich (4), Italien (3), Guatemala (3), Hawaii (3), Costa Rica (2), England (2), Thailand (2), Portugal (2), USA (2), Marokko (2), sowie Kanada, Tunesien, Malaysia, Dominikanische Republik, Belgien, Panama, Spanien, Paraguay, Trinidad, Peru, Türkei, Indien, Namibia, und Brasilien mit jeweils einer erfassten Alleingeburt.
6.3 Verhältnis ungeplanter zu bewusst geplanter Alleingeburten
Der Anteil bewusst geplanter Alleingeburten liegt bei 432.
Weiteren erfassten 93 Geburten lag ein anderer Plan zugrunde, so dass diese als „ungeplante Alleingeburt“ erfasst wurden. Die Pläne waren im Einzelnen:
– im Geburtshaus geplante Geburt: 4
– mit Hebamme geplante Hausgeburt: 20
– im Krankenhaus geplante Geburt: 33
– unbekannter Plan: 36
Die Betrachtung des Verhältnisses geplanter zu ungeplanter Alleingeburten ist vor allem im Hinblick auf die Verlegungsrate interessant.
Der Situation geschuldet gibt es demnach bei ungeplanten Alleingeburten keine Verlegungsrate unter der Geburt, da diese Geburten häufig zu den „birth before arrivals“ (BBA) zählen, wenn sich die Gebärende noch auf dem Weg zum geplanten Geburtsort befindet bzw. bei Hausgeburten, die Hebamme zu spät gerufen wird oder aus anderen Gründen zu spät eintrifft.
Geplante Alleingeburten haben dagegen eine Verlegungsrate in die Klinik von 3,01% unter der Geburt bzw. 4,35% nach der Geburt. Die Verlegungsrate unterscheidet sich noch einmal von der eigentlichen Abbruchrate. (siehe Punkt 6.6 und 6.7)
6.4 Voraussetzungen der Mutter
6.4.1 Alter der Gebärenden
Die jüngste erfasste Alleingebärende war zum Zeitpunkt der Geburt 17 Jahre jung, wohingegen die Älteste zum Zeitpunkt der Geburt bereits 43 Jahre alt war.
6.4.2 Alleingeburt als Erstgebärende
Insgesamt 59 Frauen brachten ihr erstes Kind mittels Alleingeburt zur Welt.
Der deutlich überwiegendere Teil mit 454 der erfassten Geburten geht auf Mütter zurück, welche bereits auf mindestens eine Geburtserfahrung zurückgreifen konnten.
Bei weiteren 12 Frauen war der Status einer Erstgebärenden nicht bekannt.
6.4.3 Alleingeburt beim wievielten Kind? (Geburtenrang)
Um herauszuarbeiten, beim wievielten Kind sich eine Frau für eine Alleingeburt entscheidet, konnten 360 Datensätze ausgewertet werden. Bei 165 Geburten war die Anzahl der vorherigen Kinder nicht bekannt.
6.4.4 Wiederholerinnen bzw. per Alleingeburt geborene Geschwisterkinder
Während für 453 erfasste Kinder, die Alleingeburt die erstmalige Erfahrung für ihre Mutter bedeutete, konnten weitere 63 geborene Kinder als sogenannte „Alleingeburt-Geschwister“ zur Welt kommen.
In der Erfassung finden sich insgesamt 48 Frauen, die die Geburtsoption Alleingeburt für folgende Kinder erneut wählten. Diese Frauen können auch als „Alleingeburt-Wiederholerin“ bezeichnet werden.
6.4.5 Anamnestische Befunde
Zwölf Mütter wählten die Option Alleingeburt trotz anamnestischer Befunde. Befunde, welche seit 2008 als „Ausschlusskriterien“ für eine außerklinische Geburt gelten und somit nicht mehr von Hebammen begleitet werden können.
Die Befunde waren wie folgt:
- insulinpflichtiger Diabetes mellitus (2 Frauen) • Präeklampsie (1 Frau)
- Schwangerschaftsgestose (1 Frau)
- B-Streptokokken-Infektion (1 Frau)
- Hüftdysplasie (1 Frau)
- andere, nicht näher benannte, chronische Krankheiten (3 Frauen)
- Blutgruppen-Inkompatibilität (1 Frau mit Blutgruppe 0, Rhesusfaktor negativ)
- Diskusprolaps der LWS in 9.SSW mit anschließender Bettruhe und Krücken (1 Frau) • Zustand nach Frühgeburt und SS-Folge <1Jahr (1 Frau)
6.4.6 Alleingeburt bei Zustand nach Kaiserschnitt (VBAC)
In der Erfassung herauskristallisiert haben sich insgesamt 19 Frauen mit einem Zustand nach Kaiserschnitt, welche die Alleingeburt mit dem Wunsch anstrebten vaginal und interventionsfrei gebären zu können. Für all diese Mütter war es eine bewusst geplante Alleingeburt.
Unter ihnen waren drei Frauen, die bereits die Erfahrung eines zweifachen Kaiserschnitts mit sich trugen (sogenannte VBA2C), bevor sie die Option Alleingeburt für sich wählten.
Für eine Frau war es bereits die zweite vaginale Geburt nach zwei Kaiserschnitten, mit der sie sich für die Geburt ihres 4.Kindes für das Alleingebären entschied.
Eine der genannten 19 Frauen gebar ihr Kind mittels Alleingeburt trotz Zustand nach Kaiserschnitt UND einer bekannten Beckenendlage.
Ungeplante VBAC-Alleingeburten sind nicht bekannt.
481 Geburten gehen auf Mütter ohne Kaiserschnitt-Erfahrung zurück.
Zwei Mütter mit Zustand nach Kaiserschnitt konnten ihr geplantes Vorhaben einer Alleingeburt nicht vollziehen. Sie brachen unter der Geburt ihr Vorhaben ab und beendeten die Geburt nach Verlegung ins Krankenhaus jeweils mit einem Kaiserschnitt. (Siehe Abbruch-Rate Punkt 6.6)
6.5 Voraussetzung des Kindes – Geburtslage
In der Erfassung wurden 526 Kinder aufgenommen und nach ihrer Geburtslage eingeteilt. Abzüglich 17 Kinder, deren Geburtslage unbekannt war, kamen 500 Kinder in Schädellage und acht in einer Beckenendlage zur Welt.
Eine geplante, aber abgebrochene Alleingeburt, wurde als Querlage beschrieben. Die Querlage als geburtsunmögliche Lage und absolute Kontraindikation für eine vaginale Geburt, ging in diesem Fall als Alleingeburt für das Kind tödlich aus.
Von den in Schädellage geborenen Kindern wurden 98% in der vorderen Hinterhauptslage (VHHL), 1,8 % in der hinteren Hinterhauptslage (HHHL, umgangssprachlich „Sternengucker“) und 0,2% in Gesichtslage geboren. Ankommend in intakter Fruchtblase (umgangssprachl. „Glückshaube“) erblickten elf Kinder das Licht der Welt. Fünf Kinder erschwerten sich die Geburt mit einer Hand am Kopf und ein Kind hielt sich beide Hände vor das Gesicht. Das Gefühl bzw. die Intuition der Mütter, dass unter der Geburt etwas nicht so ganz passte, war in zwei Fällen ausschlaggebend das geplante Vorhaben einer Alleingeburt abzubrechen. Die anschließend durch eine Hebamme begleiteten Hausgeburten zeigten dann die ungewöhnliche Geburtslage mit Hand am Kopf bzw. Händen vor dem Gesicht.
Aus der Beckenendlage wurden insgesamt acht Kinder ohne Geburtshilfe geboren. Sieben Babys kamen tatsächlich mit dem Po zuerst, ein weiteres mit den Füßen vorangehend.
6.6 Abbruchrate von Alleingeburten
In der Summe sind lediglich 18 Abbrüche von Alleingeburten bekannt und erfasst worden. Dagegen verliefen 507 Alleingeburten komplikationsfrei.
Konkret wurden acht Geburten als Alleingeburt geplant aber im Krankenhaus mittels Vaginalgeburt beendet. Fünf Geburten wurden nach Abbruch als Hausgeburt mit Hebamme vaginal beendet. Fünf Frauen erfuhren nach Abbruch der Alleingeburt und anschließender Verlegung ins Krankenhaus einen Kaiserschnitt.
Gründe für den Abbruch und der weitere Verlauf in der Begleitung mit Hebamme bzw. einer Schamanin (Hausgeburt):
- Unvollständige Eröffnung bei Vorliegen einer Muttermundslippe, welche mit „Wegmassieren“ durch die hinzugezogene Hausgeburtshebamme behoben wurde
- Benötigte Begleitung innerhalb der Übergangsphase in der die hinzugezogene Schamanin half, mit der Gebärenden durch den Schmerz hindurch zu gehen
- Wahrnehmung einer Unstimmigkeit, welche sich erst nach der Kindsgeburt als Plazentaablöse- Störung zeigte und manuell durch die Hebamme behoben wurde
- Wahrnehmung einer Unstimmigkeit, die sich im weiteren Verlauf als Geburt mit vorliegender Hand des Babys zeigte und durch die Hebamme begleitet wurde
- Wahrnehmung der Mutter, dass etwas suboptimal eingestellt ist. Ihr Gespür, dass es ihrem Baby trotzdem gut geht, wurde nach Eintreffen der hinzugezogenen Hebamme durch Kontrolle der Herztöne bestätigt. Mutter bittet die Hebamme die Fruchtblase zu sprengen. In der darauffolgenden Geburt zeigt sich, dass das Baby beide Hände vor dem Gesicht hat.
Gründe für den Abbruch mit anschließender Vaginalgeburt im Krankenhaus:
- Zweifel der Mutter während der Übergangsphase (2 Frauen)
- Erschöpfung der Mutter nach mehrstündigem Wehenmarathon (3 Frauen)
- Erschöpfung der Mutter nach 39stündiger Wehenarbeit, davon 33 Stunden Wehen im 3- Minuten-Takt, nach selbstbestimmter Verlegung ins KH mittels PDA Vaginalgeburt (1 Frau)
- Erschöpfung und Müdigkeit nach 28stündigem Wehenmarathon mit dem Gefühl, dass das Kind nicht richtig runter ins Becken kommt und dabei schmerzhaft gegen das Becken der Mutter drückt; selbstbestimmte Verlegung ins KH endet mit Vaginalgeburt (1 Frau)
- Erschöpfung der Mutter nach 30stündiger Wehenarbeit, Abbruch der AG in der Übergangsphase, Geburt vaginal im KH ohne weitere Interventionen beendet (1 Frau)
Gründe für den Abbruch mit anschließendem Kaiserschnitt im Krankenhaus:
- Mutter versucht trotz Zustand nach 2 Kaiserschnitten eine Alleingeburt, stellt nach zwei Tagen Wehenarbeit einen Geburtsstillstand fest (Kind war bereits fest im Becken, kam jedoch nicht weiter). Nach selbstbestimmter Verlegung ins Krankenhaus wurde die Geburt mittels sekundärem Kaiserschnitt beendet. (1 Frau)
- Zustand bei HELLP-Syndrom und Geburtsstillstand (1 Frau)
- Nach 18 Stunden Wehenarbeit die Intuition der Mutter, dass etwas nicht stimmt. Weitere 3 Std. später selbstbestimmte Verlegung ins Krankenhaus, Diagnose Zervixdystokie, beendet mittels Kaiserschnitt (1 Frau)
- Geburtsstillstand in der Eröffnungsphase, Kind kam nicht ins Becken, beendet mittels Kaiserschnitt (1 Frau)
- Geplante Alleingeburt eines Kindes in Querlage wird nicht als ausweglose Situation durch die Mutter erkannt. Es erfolgte eine fremdbestimmte Verlegung, welche im Krankenhaus als Not- Kaiserschnitt endete und für das Kind tödlich ausging. (1 Frau)
6.7 Verlegungsrate von Alleingeburten
6.7.1 Verlegungsrate unter der Geburt (subpartal)
Von 432 geplanten und begonnenen Alleingeburten wurden 18 in ihrem Vorhaben als solches abgebrochen, wovon jedoch nur 13 schließlich in ein Krankenhaus verlegt wurden. Die Verlegungsrate während einer Alleingeburt errechnet sich somit auf 3,01%.
Ungeplante Alleingeburten wurden gemäß ihrer Definition unter der Geburt nicht mehr verlegt, da die Geburt des Kindes bereits ohne Hebamme/Arzt durch die Mutter allein bewerkstelligt wurde.
6.7.2 Verlegungsrate ungeplanter Alleingeburten und die Gründe der nachgeburtlichen Verlegung (postpartal)
Die nachgeburtliche Verlegungsrate bei ungeplanten Alleingeburten, in Abb.10 dargestellt, beträgt 40,86%, wobei hier im Einzelnen konkrete Angaben fehlen, um zu ergründen ob der Zustand der Mutter oder des Kindes medizinisch behandlungsbedürftig waren oder ob die Verlegung rein routiniert zur allgemeinen Nachsorge stattfand. Die von Frauen genannten Gründe der nachgeburtlichen Verlegung waren:
- Vollendung des ursprünglichen Planes einer Geburt im Krankenhaus
- Versorgung eines Dammrisses 3.Grades
- Allgemeine Nachsorge von Mutter und Kind
6.7.3 Verlegungsrate geplanter Alleingeburten und die Gründe der nachgeburtlichen Verlegung (postpartal)
Geplante aber abgebrochene Alleingeburten, welche anschließend mit einer Hebamme als Hausgeburt bewerkstelligt wurden haben keinerlei Verlegungen ins Krankenhaus erfahren. Geplante und durchgeführte Alleingeburten weisen eine nachgeburtliche Verlegungsrate von 4,35% auf. Die von den Müttern jeweils angegebenen Gründe für die Inanspruchnahme medizinischer Hilfe in einem Krankenhaus waren:
- nach 1,5 Stunden warten auf die Plazenta und Kreislaufschwäche
- nach 2 Stunden warten auf die Plazenta, Verlegung zur Plazentageburt
- nach 4 Stunden warten auf die Plazenta, Verlegung zur Plazentageburt
- nach 25 Stunden warten auf die Plazenta zur Plazentageburt
- wegen Blutungen
- Versorgung eines Dammrisses 1.Grades
- Versorgung eines Dammrisses 2.Grades
- Versorgung eines Dammrisses 2.Grades (bei dieser Nachsorge wurde auch eine Gaumenspaltebeim Kind entdeckt)
- späte fachärztliche Versorgung eines Dammrisses 2.Grades, welcher nach vorangegangenem Dammschnitt eine „Sollbruchstelle“ war
- Versorgung eines Dammrisses von 4 cm (8 Stunden nach Geburt auf Drängen des Partners)
- Kreislaufbeschwerden und Verdacht auf Dammriss, welcher sich lediglich als Schürfung zeigte
- Blutverlust (>1Liter) bei Vaginalriss (8cm rechte Vaginalwand und 4cm linke Vaginalwand) sowie einer Steißbeinprellung
- Atemproblem des Kindes (Nase schien verstopft, Atemaussetzer), welches in der Klinik nicht bestätigt wurde, bei der Untersuchung der Mutter wurde jedoch ein Dammriss 2.Grades festgestellt, welcher mit 2 Stichen genäht wurde, was die Mutter als unnötig empfand
- 4 Tage nach Geburt verlegt wegen Sepsis der Mutter (Vorangegangen war eine Infektion, welche einen vorzeitigen Blasensprung auslöste, sodass das Kind bei SSW 36+5 zur Welt kam. Nach Einschätzung der Mutter hätte die Geburt in einer Klinik diese Infektion nicht verhindern können.)
6.8 Sterblichkeit (Mortalität)
6.8.1 Mütterliche Sterblichkeit
Die mütterliche Sterblichkeitsrate bei geplanten Alleingeburten beträgt 0%, denn es wurden keine Todesfälle der Mütter im Rahmen des Geburtsgeschehens bekannt.
Ein einzelner mütterlicher Todesfall ergab sich jedoch aus den Recherchen der Presseartikel des Jahres 2017. Hier soll eine Hochschwangere am Abend mit ihrem Transporter in den Wald gefahren sein. Am nächsten Tag wurde die Frau in ihrem Transporter tot aufgefunden. Die gerufenen Einsatzkräfte der Polizei entdeckten auf dem Beifahrersitz ein Neugeborenes, welches in eine Decke eingewickelt war und somit überlebte. Über die Presseberichte hinaus gab es keine weiteren Informationen zu diesem Tode. Spekuliert wurde, dass es sich um eine ungeplante Alleingeburt handelte, da die Frau keinerlei Vorbereitungen getroffen hatte. Die Spekulation wurde durch eine Bekannte der toten Mutter bestätigt, welche sich in einer Facebookgruppe zu Wort meldete und davon sprach, dass es sich nicht um eine geplante Alleingeburt gehandelt hätte. Es bleibt weiterhin unklar, warum die Gebärende zu keinem Zeitpunkt zu ihrem Handy griff und Hilfe organisierte.
6.8.2 Kindliche Sterblichkeit
Gemäß der offiziellen Definition der Säuglingssterblichkeit, wurden auch in dieser Alleingeburten-Erfassung alle verstorbenen Kinder erfasst, die vor Erreichung des 1.Lebensjahres verstarben.
Es wurden 2 Fälle des plötzlichen Kindstodes (SIDS) bekannt. Ein Kind verstarb 7 Tage nach der Alleingeburt. Ein anderes 7,5 Monate nach der Alleingeburt. Auf die Gesamtsumme der lebend geborenen Kinder innerhalb dieser Erfassung ergibt sich eine Säuglingssterblichkeit von 0,38%.
Innerhalb des Geburtsgeschehens (subpartal) einer geplanten Alleingeburt verstarb ein Kind im Bauch seiner Mutter. Das in Querlage liegende Kind konnte auf dem vaginalem Wege nicht geboren werden. Es ist unklar, ob sich die Mutter der geburtsunfähigen Lage des Kindes bewusst war. Erst nach Eingreifen einer Bekannten wurde die Verlegung in ein Krankenhaus durchgesetzt und ein Notfall-Kaiserschnitt durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt war das Kind bereits im Mutterleib verstorben. Dieses Kind wurde als bisher einzigste Todgeburt im Rahmen einer geplanten Alleingeburt erfasst.
Bei ungeplanten Alleingeburten wurde weder eine Totgeburt im Rahmen des Geburtsgeschehens, noch eine Säuglingssterblichkeit bekannt. Als Verfasserin dieses Berichtes weise ich auf die Unvollständigkeit der Erfassung aller Alleingeburten hin. Mir ist bekannt, dass es in den vergangenen Jahren vereinzelt Gerichtsverhandlungen gab, um Todesfälle von Kindern aufzuklären, bei welchen den Müttern eine Straftat des Totschlags durch Unterlassen vorgeworfen wurde. Hierfür fehlen mir sowohl die zeitlichen als auch fachlichen Ressourcen, um diese Fälle entsprechend auszuwerten.
6.9 Ergebnisse nach der Geburt
6.9.1 Geburtsgewichte der Kinder
Die drei niedrigsten bekannten Geburtsgewichte der erfassten Kinder betrugen 2290, 2450 und 2580 Gramm.
Die drei höchsten Geburtsgewichte maßen 4730 Gramm, 4760 Gramm und 5050 Gramm.
6.9.2 Geburtsverletzungen der Mütter
Insgesamt konnten sieben Frauen mit behandlungsbedürftigen Geburtsverletzungen festgestellt werden. Gemäß den bereits aufgeführten Gründen der nachgeburtlichen Verlegungen handelte es dabei um Dammrisse und Risse der Vaginalwand. Es errechnet sich hier eine Verletzungsquote bei Alleingeburten von 1,62%.
6.9.3 Geburt der Plazenta und Besonderheiten der Nabelschnur
Zweiundvierzig Mütter wurden nach vollständig allein durchgeführter Geburt und Nachgeburt zur Dauer des Ausscheidens der Plazenta befragt. Ihre Antworten waren wie folgt:
Eine Mutter gebar ihr Kind komplett in der Nabelschnur umwickelt gleichzeitig mit der Plazenta. Innerhalb der ersten 60 Minuten nach der Geburt des Kindes gebaren 52,38% die Plazenta, weitere 40,48% der Frauen innerhalb der nächsten 6 Stunden.
Die zwei Mütter mit den sehr späten Plazentaausscheidungen nach 30 bzw. 36 Stunden konnten zuverlässig eine Lösung der Plazenta innerhalb ihrer Gebärmutter feststellen. Nur für die Geburt dieser benötigten sie noch einmal Kraft, welche sie nach der Kindsgeburt erst einmal sammeln mussten, um sich dann nochmal auf die Geburt der Plazenta zu konzentrieren.
Bei einer Mutter mit abgebrochenem Alleingeburtsvorhaben stellte sich nach der Geburt eine Plazentablösestörung heraus. Die hinzugezogene Hausgeburtshebamme konnte die Plazenta manuell lösen.
Festgestellt wurde von einer Mutter eine Anomalie. Sie schrieb „Die Nabelschnur wuchs nicht aus der Mitte der Plazenta, sondern neben der Plazenta aus der Eihaut, so dass sie nur über 3 Blutgefäße mit der Plazenta verbunden war.“ Die Mutter hatte zuvor durch Moxen, Watsu, Osteopathie und Gymnastik eine Drehung des Kindes versucht, was jedoch nicht gelang. Die Anomalie könnte ein ausschlaggebender Grund gewesen sein, warum sich das Kind nicht aus der BEL in SL drehen ließ. Das Kind wurde dann schließlich erfolgreich per Fußlage geboren.
Bei 10 der erfassten Alleingeburten kam es zu Besonderheiten mit der Nabelschnur:
- doppelte Nabelschnurumschlingung (drei Kinder)
- dreifache Nabelschnurumschlingung (ein Kind)
- fünffache Nabelschnurumschlingung (ein Kind)
- Achterknoten in der Nabelschnur (ein Kind)
- Nabelschnur-Abriss bei aufrechter bzw. stehender Gebärposition (zwei Kinder)
- Nabelschnuranomalie (Insertio velamentosa) (zwei Kinder)
6.10 Gebärorte
Die jeweiligen Gebärorte wurden nicht lückenlos erfasst. 236 Gebärorte sind daher nicht bekannt. Die übrigen 289 mitgeteilten Orte zeigen jedoch eine Vielfalt von Möglichkeiten, derer sich Alleingeburtlerinnen geplant und ungeplant bedienten.
Erfasst wurde jeweils der Ort des Ausscheidens des Kindes. So findet sich der Ort „Krankenhaus“ entsprechend den abgebrochenen Alleingeburten 13 mal wieder.
Fast jedes 4.Kind wurde in einem professionellen Geburtspool geboren. In der Badewanne oder in der Dusche kamen 37 Kinder zur Welt, sechs in einem eher flachen Kinderplanschbecken und fünf in einer hohen Regentonne.
Draußen unter freiem Himmel erblickten gleich viel Kinder das Licht der Welt, wie im Bett des Schlafzimmers. Vor dem Bett oder an einem anderen trockenen Platz innerhalb des Schlafzimmers wurden 16 Kinder durch ihre Mütter hervorgebracht.
Die 14 Geburten mit der Ortsangabe „im Auto“ gingen jeweils auf eine ungeplante Alleingeburt zurück, welche auch als „birth before arrival“ bezeichnet werden können.
Geplante Alleingeburten mit einem außergewöhnlichen Gebärplatz, wie die Schwitzhütte, der Bauwagen/Zirkuswagen, die Jurte oder die Kajüte eines Segelschiffs, zeigen wie bewusst sich die Mütter ihren Ort des Niederkommens auswählten.
6.11 Wassergeburt
Sortiert man die erfassten Daten nach den Gebäroptionen „im Wasser“ oder „an Land“, zeigt sich ein deutlicher Überhang bei der trockenen Variante. Während 123 Frauen die Geburt im Wasser vollzogen, ließen sich 202 Frauen „an Land“ bzw. im Trockenen nieder. Die Zahl liegt jedoch einigen ungeplanten Alleingeburten zugrunde, in welcher die Frauen in der Eile gar keine Wahlmöglichkeiten zwischen Wasser und Land hatten und somit gezwungen waren an Ort und Stelle im Trockenen zu gebären. Lediglich bei den ursprünglich geplanten Hausgeburten, die sich unter der Geburt erst zur Alleingeburt entwickelten, waren die Frauen auch mit einer Gebärmöglichkeit im Wasser vorbereitet.
Bei bewusst geplanten Alleingeburten zeigt sich, dass die Wassergeburt und die Landgeburt gleich beliebt sind. Bewusst alleingebärende Frauen wählen ihren Gebärort oftmals entsprechend ihrer persönlichen Affinität zum Wasser oder eben zum „Boden unter den Füßen“, und lassen diese Individualität in ihre Wahl ganz konkret einfließen.
6.12 Gebärpositionen aller Alleingeburten
Die Gebärpositionen wurden in vorliegender Erfassung lediglich zum Zeitpunkt der Austreibung des Kindes erfasst. In folgendem Diagramm befinden sich alle Gebärhaltungen der erfassten 525 Frauen.
Demnach gebaren 101 Frauen ihr Kind auf den Knien mit zum Teil abgestütztem Oberkörper, 39 im Vierfüßlerstand, 23 in der Hocke und 22 im Stehen.
Die halb sitzende Position fand sich bei 13 Geburten, welche vorrangig in Badewannen und in Geburtspool/Kinderplanschbecken stattfanden. Eventuell ist hier der eher niedrige Wasserstand ausschlaggebend, so dass die Frauen aus halbsitzender Position das Kind noch ins Wasser gebären konnten während ihr Rücken durch den Rand der Badewanne oder des Pools gestützt wurde.
Die liegenden Positionen sind mit Rückenlage und Seitenlage sechs bzw. drei mal vertreten. Der Kaiserschnitt (nach abgebrochenen und verlegten Alleingeburten) fand anstelle der Gebärposition fünf Mal Einzug in die Statistik.
Neun Frauen wechselten noch während der Austreibungsphase ihre Gebärhaltung vom Vierfüßler in die Hocke; vom Kniestand in die Hocke; vom Stehen in den Vierfüßler und vom Sitzen in ein Stehen mit gebeugten Beinen, um ihr Kind selbstständig mit beiden Händen zu empfangen und hochnehmen zu können.
Sitzende Positionen fanden auf dem Gebärhocker, direkt auf der Toilette oder bei ungeplanten Geburten auf dem Autositz statt.
293 Gebärpositionen waren leider nicht im Detail bekannt.
6.12.1 Gebärpositionen bei Alleingeburten
Reduziert man die erfassten Gebärpositionen um die abgebrochenen Alleingeburten, lässt sich herausfinden, welche Haltung die Frauen ganz intuitiv und selbstbestimmt einnehmen, wenn keine Fachperson zugegen ist.
7. Fazit
Um die ursprünglich gestellte Frage einer Zunahme von Alleingeburten zu beantworten, lassen die erfassten Alleingeburten der letzten 5 Jahre einen deutlichen Anstieg vermuten. Jedoch kann diese Vermutung nicht abschließend beurteilt werden. Die Tatsache, dass es bereits in den Vorjahren bis ins Jahr 1990 hinein Frauen gab, die diese Form des Gebärens für sich wählten, lässt darauf schließen, dass es schon immer Alleingeburten gegeben hat. Die erfassten Geburten von 1990 bis 2008 waren durchweg bewusst geplante Hausgeburten ohne Hinzuziehung einer Hebamme, welches durch die jeweiligen Mütter betont wurde.
Der deutsche Begriff „Alleingeburt“ entstand im Jahre 2004/2005 durch Österreichs erste bekennende Alleingeburtlerin Dagmar Rehak, welche mit dieser Begrifflichkeit ausdrücken wollte, dass eine Mutter ihr Kind „allein“ aus sich selbst heraus und ohne Hebamme gebären könne. In den einsetzenden Diskussionen in diversen Internetforen formulierten sich später auch die Begriffe „freie Geburt“, abgeleitet aus dem englischen „free birth“, bzw. „unassistierte Geburt“ abgeleitet vom englischen „unassisted childbirth“.
Spätestens mit dem Erscheinen des Buches „Alleingeburt“ von Sarah Schmid (2014, Verlag edition riedenburg) wurde dieser Begriff mehrheitlich für diese Geburtsoption gebraucht. Auch weitere folgende Bücher, z.B. Meisterin der Geburt (2015, Verlag books on demand); Vom Glück der natürlichen Geburt (Nadine Wenger, 2015, Verlag allegria) bedienten sich dieses Begriffes und erreichten eine gewisse kritische Masse, sodass die Alleingeburt heute als Wahloption einer Geburt nicht mehr wegzudenken ist. Jüngst wurde diese Form der Geburt als eine von 10 möglichen Wegen in „Das Geburtsbuch“ der Autorin Nora Imlau vorgestellt (2016, Beltz Verlag).
Betrachtet man also die erfassten Geburten im Zusammenhang mit dem Erscheinen dieser Bücher, könnte man hier schlussfolgern, dass diese Gebärform endlich einen Namen hatte und Frauen diesen in ihre Kommunikation einbauten.
Was auf jeden Fall festgehalten werden kann, ist ein größeres mediales Interesse am Thema Alleingeburt.
Ebenfalls festgehalten werden kann eine größere Bereitschaft der alleingebärenden Mütter, sich nicht mehr zu verstecken, sondern stattdessen über ihre gewählte Geburtsoption selbstbewusst zu sprechen. Die Bereitschaft zum einen und die Entwicklung gewisser Medien zum anderen, können wir in den vielen aufgelisteten Geburtsberichten auf Websiten, Blogs und Videokanälen erkennen. Darüberhinaus ermöglichen die neuen sozialen Medien, wie Facebook, Twitter und Instagram, ein Teilen dieser Geburtsberichte und erlauben durch das Erstellen von themenspezifischen Gruppen eine sehr gute Vernetzung der Mütter untereinander.
Es liegt der Verdacht nahe, dass sich Mütter vermehrt nach einer anderen Geburtsoption umsehen und auf die Alleingeburt stoßen, nachdem sie a) bereits Erfahrungen einer intervenierten Geburt machen mussten oder b) keine adäquate Hebammenbetreuung finden konnten. Für dieses Umorientieren von der interventionsreichen Geburt in Einrichtungen hinzu einer interventionsfreien Alleingeburt weisen die ausgewerteten Zahlen hin, denn knapp 84% der Frauen hatten bereits eine oder mehrere Geburtserfahrungen und wären diese zufriedenstellend gewesen, hätten sie womöglich auf eine Wiederholung abgezielt. So könnte man die erfassten Alleingeburten auch als Antwort auf eine praktizierte Geburtshilfe deuten, derer sich manche Frauen nicht mehr hergeben wollen.
Das in kontrovers geführten Diskussionen oftmals genannte Risiko bei einer Alleingeburt konnte in den vorliegenden Zahlen nicht wiedergefunden werden. Die Abbruchrate läßt schlussfolgern, dass Gebärende ihre Situation intuitiv und rational gut einschätzen können. Nur in einem einzigen Fall erfolgte eine nötige Verlegung nicht durch die Mutter selbst initiiert, sondern durch eine außenstehende Person. Die darauf folgende Not-Sectio bei Querlage des Kindes, welches nicht mehr lebend geboren werden konnte, ist tragisch. Über die Motivation der Mutter, ihr 5. Kind allein in einem Wohnwagen gebären zu wollen, ist leider nichts bekannt.
Die bei Alleingeburten ermittelte Abbruchrate von 4% mit dem anschließenden Aufsuchen fachkundiger Hilfe; die geburtliche Verlegungsrate mit 3% sowie die nachgeburtliche Verlegungsrate von 4% zeigen, wie vernünftig Frauen mit ihrem Leben und dem ihnen anvertrauten Leben des Kindes umgehen. Die vorherrschende Einstellung, die Alleingeburt nur dann durch- und weiterzuführen sofern keine Pathologien und Komplikationen auftreten weist daraufhin, dass sich Alleingebärende in medizinische Behandlung begeben würden, sofern sie denn nötig erscheint.
Abzüglich der abgebrochenen und teilweise verlegten Alleingeburten verbleibt bei den übrigen 507 Frauen eine Geburt mit einer Interventionsfreiheit von 100%. Die Alleingeburt ist demnach eine der sichersten Formen für eine interventionsfreie Geburt. Im Vergleich dazu ermittelte die Gesellschaft für Qualitätssicherung in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG e.V.) eine Interventionsfreiheit von 39% bei hebammengeleiteten Haus- und Geburtshausgeburten (Link zum Qualitätsbericht 2016). In der klinischen Geburtshilfe ist eine Interventionsfreiheit von lediglich 8% bekannt (lt. BMBF Newsletter 52/2011).
Die bei geplanten und abgebrochenen Alleingeburten notwendig gewordene Kaiserschnittrate liegt mit 1% unter der Rate von hebammengeleiteten außerklinischen Geburten. Diese lag ermittelt durch die QUAG bei 5%. In Kliniken ist deutschlandweit eine Kaiserschnittrate von 32% bekannt (lt. Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG).
Die behandlungsbedürftigen Geburtsverletzungen liegen bei 1,63%, wie der nachgeburtlichen Verlegungsrate und den jeweiligen Gründen zu entnehmen ist.
Eine sehr gut vorbereitete und informierte Alleingeburt bei physiologischen Voraussetzungen scheint also machbar und darüberhinaus eine sichere Option zu sein.
Das viel diskutierte Risiko, welches sich Alleingebärende häufig ausgesetzt sehen, kann derzeit nicht belegt werden.
8. Quellenverzeichnis
Alle verfügbaren Quellen inklusive Verlinkungen findest Du im Gesamtbericht, den Du Dir in der druckfähigen Version als PDF herunterladen kannst, hier: