Dieses Mal war ich nicht nur Göttin, sondern auch ein bißchen Kriegerin – Geburtsbericht

Natalie hat bereits zwei Geburtserfahrungen: beim ersten Kind eine geplante Alleingeburt, die zur hebammenbegleiteten Hausgeburt wurde und beim zweiten Kind eine geplante und erfolgreich durchgeführte Alleingeburt. Jetzt bei der Geburt ihres dritten Kindes schrieb sie: “Dieses Mal war ich nicht nur Göttin, sondern auch ein bisschen Kriegerin.”

Natalies Geburtsbericht:

Am 01.10. 22 war der Ratetermin für meine dritte Geburt und der war ohne ein einziges Ziehen oder sonst was verstrichen. Dabei hatte ich schon ewig keine Lust mehr schwanger zu sein, ich wollte endlich kuscheln. Die Schwangerschaft war eigentlich wie im Bilderbuch, außer Sodbrennen kaum mal ein Wehwehchen, ich habe mich nur locker von meiner Hebamme begleiten lassen, ein Arzt hat mich wie in der Schwangerschaft zuvor, nicht zu Gesicht bekommen. Am 03.10. 22 waren meine beiden Großen noch mit meinem Onkel unterwegs und ich habe einen sehr entspannten Tag genossen und ab dem Nachmittag war mir klar, jetzt geht es endlich in die richtige Richtung. Abends merkte ich noch intensiver, dass sich etwas tut und sagte meinen Kindern schon, dass bald ihr Geschwisterchen zu uns kommt, vielleicht sogar in der Nacht schon. Ich las noch lange, genoss die beginnenden Wellen und schlief dann gegen 1 Uhr nochmal ein. 

Gegen 2:45 Uhr wurde ich wach und merkte Feuchtigkeit im Schlafanzug. Ich wunderte mich, da die Fruchtblase bei den Geburten zuvor kurz vor der Kopfgeburt erst platzte, bzw. geöffnet wurde. Auf der Toilette musste ich feststellen, dass es eine nicht sehr geringe Menge Blut war. Ich horchte in mich hinein, bestätigte mir, dass es mir und dem Kind gut geht und ließ mir erstmal Badewasser ein. Ich hatte immer wieder Wellen, die sich auch wirksam anfühlten, aber jedes Mal kam auch Blut, mal mehr mal weniger. Also entschloss ich, das abchecken zu lassen. Ich rief gegen 3:15 Uhr meine Hebamme an, sie empfahl mir eine Klinik und begrüßte meinen Entschluss. Dann kam meine Mama rüber wegen der beiden schlafenden Großen und mein Freund kam und fuhr mich zur Klinik, gegen 4:15 Uhr waren wir, glaub ich, da.

Ich war dort die Einzigste und wurde von zwei sehr lieben Hebammen begrüßt. Ich erläuterte mein Problem, ich war im übrigen nie unruhig, erzählte auch von der geplanten Alleingeburt und wir haben uns sehr nett unterhalten als wir auf den Arzt warteten. Zum Glück hatte ich mich die Fahrt über mental darauf eingestellt, gut auf mich aufzupassen, denn der schlecht gelaunte Arzt fing sofort an rumzustänkern, warum ich keine Ultraschall-Untersuchungen in der Schwangerschaft gemacht hätte und so weiter. Frech kann ich auch, meine ehrlichen Antworten haben ihm gar nicht gepasst, und weil ich gegen seinen Willen während des Ultraschalls mehrfach aufgestanden bin, um Wellen zu veratmen und jedes Nein von mir keinen Platz für Widerworte oder Diskussionen gelassen hat, hat er bald gar nicht mehr mit mir gesprochen, was ich sehr gut fand.

Nach dem Ultraschall habe ich die Hebammen drauf hingewiesen, dass der Arzt ein A**** ist und wir haben sehr nett weiter überlegt was zu tun sein.

Es war klar, dass ich dort alles ablehnen würde, was die Hebammen an sich bewundernswert fanden, aber auch eingestanden, dass sie CTGs zum Beispiel selbst als Sicherheit empfänden. Aber da beim Ultraschall nichts Auffälliges festgestellt wurde und auch die Plazenta nicht ungünstig saß, war von einer starken Zeichenblutung auszugehen und ich beschloss auf eigene Verantwortung wieder nach Hause zu fahren.

Auf der Fahrt hatte ich ein paar schöne Wellen, die ich leise vertönte. Kurz nach 6 Uhr Zuhause, schickte ich meinen Freund weg, es war schon früh klar für mich, dass er bei der Geburt nicht dabei sein wird, und ging rein. Kaum hatte ich die Tür zugemacht überrollte mich eine Welle, wie ich es gar nicht kannte. Meine Mutter meinte, sie ginge nach Hause, es wird ja noch dauern, sie wolle noch etwas schlafen, ich gab mein Okay, bat aber noch um 5 Minuten, um zur Toilette zu gehen und meine Freundin anzurufen, die während der Geburt für mich da sein sollte.

Auf der Toilette kam die nächste Welle. Ich tastete nach meinem Mumu: Vollständig geöffnet. Und den Kopf konnte ich auch schon fühlen. Aber da die anderen beiden Geburten lange gedauert hatten, schickte ich meine Mama dennoch ins Bett, fünf Häuser weiter, nachdem ich meine Freundin um 6:12 Uhr angerufen hatte und ihr mit der nächsten ausklingenden Welle zuhauchte, sie solle schnell kommen.

Kaum war die Tür hinter meiner Mutter zu, wurden meine Kinder wach. Ich erklärte ihnen war los war und musste schnell nacheinander zweimal auf die Knie und Wellen vertönen. Die Kraft haute mich echt um, ich sagte meinen Kindern was los ist und was ich tue und sie waren total fasziniert. Schnell ließ ich mir ein Bad ein und suchte, während das Wasser lief, eine Position, in der ich die Wellen gut annehmen konnte. In der tiefen Hocke lehnte ich mich über den Rand und tönte immer lauter, die Kraft war überwältigend. 

Um 6:31 Uhr kam meine Freundin, die Große ließ sie rein und erzählte schnell. Ich war voll und ganz in die Geburt vertieft, aber wir brauchten noch nie viele Worte. Sie versorgte kurz meine Kinder mit Getränken, in der Zeit machte meine Tochter Pipi und als ich die nächste Welle wirklich laut vertönte machte sie ebenfalls sehr laut und amüsiert mit. In dem Moment wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll und meine Freundin kam mir zur Hilfe, letztlich haben wir sehr gelacht.

Ich bat sie bei mir zu bleiben, ich spürte, dass das Kind kommt. In der nächsten Welle schob ich mit und es kam eine mehr als kopfgroße Blase heraus. Ich bat Vicki zu gucken und sie meinte, “Es ist dunkel.”, daraufhin rief sie meine Hebamme an, die eh nicht mehr schlafen konnte. “Könnte die Fruchtblase sein.”, sagte sie und ich stach sie einfach auf.

Grünes Fruchtwasser kam heraus, aber auch das beunruhigte mich nicht mehr, denn ich wusste, es war bald geschafft. Hätte ich die Blase nicht geöffnet, ich glaube, sie wäre intakt geblieben. Die beiden legten auf und in dem Moment überkam mich eine Welle, die nur als Urkraft zu beschreiben ist. Ich tönte ein sehr lautes A, meine Freundin sagt, ich hätte das Kind heraus gesungen, öffnete mich und schob das Kind heraus. In dieser einen Welle wurde es komplett geboren, es war 6:47 Uhr. Ich gebar es in meine Hände, aber da es sich ordentlich in die Nabelschnur gewickelt hatte, bekam ich es nicht hoch und es rutschte nochmal in die halbvolle Wanne. Zusammen wickelten wir die Nabelschnur einmal vom Hals und zweimal vom Körper und ich schloss mein Baby endlich in die Arme.

Meine Tochter durfte dann das Geschlecht entdecken, das hatte sie sich die ganze Zeit gewünscht, und wir hatten auch wirklich nicht drauf geachtet. Ein Junge! Dabei war ich die ganze Schwangerschaft sicher, dass es ein Mädchen ist.

Meine Hebamme wurde informiert und versprach bald zu kommen, meine Mama kam auch direkt wieder rüber, sie hatte eh geahnt, dass sie auch hätte bleiben können.

Ich ging mit dem Kleinen auf die Couch und musste über 2 Stunden unter wirklich schlimmen Nachwehen auf die Plazenta warten. Diese Zeit hat mich viel Kraft gekostet und mir so viel mehr zugesetzt als die rasante Geburt.

Aber ich war so wundervoll umsorgt und geborgen! Meine Freundin machte das Bad sauber, ich hatte auch weiterhin geblutet und auch so sah die Badewanne sehr unschön aus, und meine Mutter kümmerte sich um mich und die Großen.

Als die Plazenta kam fing meine Freundin sie auf mein Zurufen in der bereitgestellten Schüssel auf, und wir beschlossen mit dem Abnabeln einfach auf meine Hebamme zu Warten und endlich ging es mir besser. Sie kam dann bald und komplettierte den Kreis wissender Mütter um mich herum. Ich war genauso umsorgt und geborgen wie mein wundervoller Sohn, der sofort nach der Geburt so herrlich rosig und gesund aussah und schon ganz toll stillte. Diese Atmosphäre nach der Geburt war so perfekt und ich bin so unfassbar dankbar dafür. Es fühlte sich einfach so stimmig an, denn Geburt und Wochenbett sind traditionell immer Frauensache gewesen. Anders würde ich es nie mehr machen. Erst als der kleine Kreis sich auflöste, die stolzen Geschwister gingen mit meiner Mutter mit, war ja doch ganz schön aufregend, kam mein Freund, der mir diese wundervolle Erfahrung aber von Herzen gönnt.

Foto+Text © Natalie W.

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