Geburtsbericht von Gastautorin Janina
13 Tage vor ET ging der Schleimpfropf ab. Doch dann wartete ich erstmal und nichts passierte. Sechs Tage nach Abgang hatte ich tagsüber schon so ein merkwürdiges Gefühl. Ich hatte ein starkes Druckgefühl und das Gefühl ständig pinkeln zu müssen. Da ich immer mal wieder Senkwehen hatte ordnete ich die unregelmäßigen Wehen tagsüber auch eher als Senkwehen ein. Abends wurden sie aber intensiver und regelmäßiger. Ich machte meinen gewohnten Abendspaziergang und stellte dabei fest, dass die Wehen, noch nicht stark, aber regelmäßiger alle fünf bis sieben Minuten kamen. Als ich abends, nach dem Zubettbringen der Großen, gegen 21.30 Uhr wieder aufstand, ging etwas Fruchtwasser ab. Da wusste ich, dass es nun wirklich losgehen musste, so war es bei den anderen auch gewesen.
Ich rechnete mit mehr Fruchtwasser, aber dann kam nichts mehr. Wir saßen noch etwas draußen, aber ich wurde unruhig und wollte alleine sein. Ich ging rein, räumte die Küche auf und richtete mir Verpflegung für die Geburt ein: Ein Teller mit Obst, Nüsse, Wasser und eine Tasse mit Himbeerblättertee. Ich brachte alles nach oben in mein Geburtszimmer und bat meinen Mann das Malervlies auszulegen und dann zu verschwinden. Ich machte es mir mit weiteren Tüchern auf dem Boden und einer Kerze gemütlich und ging im Zimmer auf und ab. Als mein Mann dann im Bett verschwunden war fühlte ich mich wohler, endlich alleine.
Dennoch blieb das komische Gefühl, dass der Babykopf nicht tief genug im Becken saß. Auch war mein Bauch die ganze Zeit noch so weit oben, dass ich lange nicht an einen baldigen Geburtsbeginn hatte glauben können. Ich erinnerte mich an Spinning Babies und versuchte mich an ein bis zwei Übungen um dem Baby besser ins Becken zu verhelfen. Ich wechselte immer wieder zwischen dem Pezziball, dem Umherlauflaufen im Zimmer und hörte zwischendurch Musik. Die Wehen wurden intensiver aber waren noch gut auszuhalten. Ich überlegte immer wieder, meine Mutter, der ich schon am Abend Bescheid gegeben hatte, nun anzurufen, damit sie herkam.
Ich ging nochmal nach draußen und lief ein wenig durch die noch nicht ganz dunkle Nacht, denn es war der Abend der Sommersonnenwende. Wieder oben, es war 1.30 Uhr, rief ich meine Mutter an und bat sie loszufahren. Dann ging ich in die Badewanne. Die Wehen wurden langsam unangenehm. Nach einer Weile ging ich wieder aus der Wanne und nochmal nach draußen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, unter der Geburt einen schönen langen Spaziergang über die Wiese zu machen, aber das traute ich mich nun nicht mehr. Außerdem musste ich die Wehen nun vertönen und wollte das nicht mitten in der Nacht entlang der Nachbarshäuser machen. Also ging ich wieder rein, blieb eine kurze Weile im Geburtszimmer und ging dann nochmal in die Badewanne. Ich wurde langsam müde und lustlos. Die Wehen wurden noch intensiver. Ich fühlte nach, konnte aber nicht wie gehofft den Babykopf fühlen. Wie sich der Muttermund anfühlte wusste ich nicht, es war alles weich in mir.
Irgendwann hörte ich, dass meine Mutter angekommen war. Wir hatten abgemacht, dass sie sich unten in die Stube setzt und auf Abruf da ist. Aber ich wollte alleine sein. Wehen kamen und gingen. Ich versuchte mir immer wieder zu sagen dass es bald geschafft ist, ich schmerzfrei bin usw. Aber es war alles andere als schmerzfrei. Ich hatte das Gefühl, dass es nicht gut voran ging. Bei der letzten Geburt ging jede Phase geschmeidig in die nächste über, nun hatte ich immer das Gefühl, dass es nur stockend voran ging und ich machte mir immer wieder Gedanken über den nicht im Becken liegenden Babykopf.
Zwischen den Wehen bin ich immer kurz weggenickt. Ich mochte nicht mehr und fand alles blöd und fragte mich, warum ich mir das zum dritten Mal antat. Irgendwann rief ich meine Mutter zu mir und sagte, dass ich das Gefühl hätte, es würde überhaupt nicht voran gehen. “Doch”, sagte sie, “du hast alle 1,5 Minuten Wehen!”. Okay, dachte ich, wenn mein Körper solche Wehen macht, dann muss es ja voran gehen und einen Sinn haben. Dieser Satz meiner Mutter hat mich motiviert. Ein paar Wehen weiter hatte ich das plötzliche Bedürfnis aus dem Wasser raus zu gehen. Kaum aus der Wanne draußen, kam auch prompt die nächste Wehe, die ich gestützt auf den Badewannenrand vertönen musste. Die Wehen waren so heftig!
Schnell rüber ins Geburtszimmer gehuscht und mich dann mit dem Pezziball auf die Matratze begeben und dann kam auch schon gleich die nächste Wehe. Zu meiner Erleichterung verspürte ich nun einen starken Pressdrang. So ging es dann aber noch etliche Wehen weiter, ich, mit dem Oberkörper auf dem Ball auflehnend, festgeklammert am Regal neben der Matratze. Gebrüllt wie eine Löwin. Es hat fast 40 Minuten gedauert bis ich ein Ploppen der Fruchtblase hörte und merkte, dass sich das Köpfchen endlich durchschiebt. Vor und wieder zurück und wieder vor…. Ich lasse alles so wie es kommt. Weiß, dass mein Baby geschützt ist und ich nicht powerpressen muss. Ich lasse geschehen. Und dringe dabei für einen kurzen Moment in eine andere Welt ein. Ich fühle mich wie in Trance, vor und wieder etwas zurück… Ich atme ganz ganz tief, alles ist ganz intensiv und tief. Ich habe ein seltsam ekstatisches Gefühl.
Dann endlich der “Ring of Fire”, das brennende Gefühl. Ich wundere mich, dass es auch beim dritten Mal noch so brennt. Es ist ein schöner Schmerz. Nun gebe ich dem Drang, doll mitzupressen, nach. Ich denke kurz an meinen Damm, der bei den anderen Geburten gerissen war und genäht werden musste, aber in diesem Moment ist mir alles egal. Ich presse und plötzlich ist der Kopf da. Ich fasse ihn an, diesen weichen Babykopf. Ich rufe “Baby ich habe dich!”, dann richte ich mich auf, kippe mein Becken nach vorn und drücke ohne Wehe und ohne Anstrengung den Babykörper raus, direkt in meine Hände, so, wie ich es mir immer gewünscht hatte.
Ich drehe das Baby etwas und sehe zu meiner Überraschung , dass es ein kleiner Junge ist. Ich rufe laut: “Mein Baby ist da, ich habe mein Baby geboren!”.
Kurz darauf ist meine Mutter in der Tür und freut sich. Die Großen und der Papa kommen auch. Meine Mutter meinte dann, dass sie glaube, die Plazenta sei schon gleich mitgekommen. Ich lege den Kleinen erstmal an und trau mich nicht an die Plazenta zu denken oder zu gucken. Die Plazenta war schon gleich hinterher gerutscht und hing noch in mir, ich konnte sie ohne Wehe rausdrücken. Allerdings hingen die Eihäute noch in mir und ich wusste nicht ob ich dran ziehen darf. Hier war ich sehr froh eine Nachsorgehebamme zu haben die ich sogar am Sonntagmorgen erreichte. Sie meinte, es wäre wichtig, vorsichtig dran zu ziehen damit verbleibende Eihäute nicht den Wochenfluss behindern.
Als die Plazenta ganz entfernt war entdeckten wir einen echten Knoten in der Nabelschnur. Die Nachsorgehebamme, die zwei Stunden später da war, erklärte uns, dass so ein Nabelschnurknoten sehr selten ist und unter der Geburt, wenn Zug an der Nabelschnur ist, gefährlich sein könnte. Sie meinte, dass das der Grund gewesen sein könnte, dass mir die Geburt so stockend und langsam vorkam. Ich denke, dass diese sehr intensive, kraftvolle und langatmige Geburt genau das richtige für mein Baby war. Auch dass die Fruchtblase bis kurz vor Schluss intakt war, war sein Schutz. Wer weiß ob in einer Klinik nicht die Fruchtblase irgendwann geöffnet worden wäre oder mit sonst in einer für das Baby ungünstigen Weise interveniert hätte.
Ich war die ganze Geburt über sehr wachsam und habe mich, das Geburtsgeschehen und das Baby beobachtet. Dass meine Mutter im Hintergrund da war, ohne mich zu stören, war ein Segen. Ich bin unglaublich dankbar, dass mein Mann und meine Mutter mich in Ruhe gelassen haben aber im Haus waren. Und ich bin meinem Baby unendlich dankbar, dass es den Weg zu uns gefunden hat.
Fotos + Text (c) Janina D.
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Weiterführende Leseempfehlungen bzgl. “Spinning Babies” bzw. Optimierung der Kindslage:
Spinning babies (englisch)
Optimierung der Kindslage (deutsch)