Und noch eine Meisterin der Geburt, Sarah Noel, lässt uns an ihren zwei erlebten Gebärerfahrungen teilhaben.
Vorgeschichte:
Für meine erste Geburt planten wir eine Hausgeburt. Wir hatten eine wunderbare Hebamme gefunden und ich belas mich viel zu der Thematik einer schmerzarmen Geburt. Mein positives Mindset stand und so startete ich bei 39+4 in die ersten Wellen.
Relativ unbefangen konnte ich diese gut annehmen und verarbeiten. Die Hebamme wurde informiert, aber empfand die Wellen nicht als ausreichend, als sich schon zu uns zugesellten. Nach einem Bad musste ich mich übergeben, was mich sehr aus dem Geburtsflow geworfen hatte. Als ich anfing etwas zu bluten, riefen wir endgültig die Hebamme hinzu. 8cm war ihr MuMubefund, nach dem Eintreffen. Danach stagnierte die Geburt und sie diagnostizierte einen Geburtsstillstand und dass mein Sohn sich nicht optimal eingedreht hatte ins Becken.
Ich wurde im RTW verlegt in der laufenden Übergangsphase (in diesem Moment verschwand mein gesamtes Vertrauen in meine Geburtskraft). Im Krankenhaus positionierten sie mich auf den Rücken und montierten ein CTG. Trotz Wehentropf empfand ich kaum vorantreibende Wellen und mein Sohn wurde unter Pressanleitung und Anfeuern der Hebammen und des Assistenzarztes geboren.
Geburtsbericht:
Die zweite Schwangerschaft folgte recht zeitnah. Ich hatte zunächst eine andere Hausgeburtshebamme gefunden, die in der 29 SSW aus Zeitgründen absprang. Daraufhin nahm ich wieder Kontakt zu meiner ersten Hausgeburtshebamme auf, die mir tatsächlich zusagte.
Ich war froh über diesen Verlauf, jedoch auch konfrontiert mit der vorherigen Geburt und dem Fakt der Verlegung durch ihre damalige Einschätzung eines Geburtsstillstandes.
Ich spürte daher intuitiv, dass es einer Aufarbeitung der vergangenen Geburt und einer tieferen inneren Vorbereitung bedarf als für die erste Geburt. Ich besuchte einen spirituell ausgelegten Geburtsvorbereitungskurs und fing an zu meditieren. Dadurch wurde mein eigenes Vertrauen in mich und meinen Körper gestärkt, sowie das Bewusstsein, wie ich meine anstehende Geburt empfinden wollen würde.
Dabei kam ich immer wieder zu dem Punkt, dass ich allein sein möchte, in völliger Ruhe und Vertrauen in meinen eigenen Körper und Verbundenheit zu meinem zweiten Sohn. Ich las viele Bücher, von Frauen, die Alleingeburten erlebt hatten und ihre Geschichten teilten. Meinen Wunsch und die Vorstellung meinen zweiten Sohn alleine zu gebären, teilte ich lediglich mit zwei Herzensfreundinnen und meinem Mann. Erst beim Geburtsbeginn entschloss ich mich tatsächlich diesen Weg zu gehen. Nachts bei 40+1 wurde ich kurz nach Mitternacht von den ersten Wellen geweckt. Meine Entscheidung stand fest, allein zu bleiben und erst, wenn der Kopf so gut wie geboren ist, meine Hebamme hinzuzurufen.
Nach kurzer Zeit im Wohnzimmer wechselte ich in unser Badezimmer, das ich mir nie als wirklichen Geburtsort vorgestellt hatte. Ich stelle zwei Kerzen auf und steckte mir Ohropax in meine Ohren. Ich wechselte zwischen der Toilette, dem Abstützen am Waschbecken und dem Badezimmerboden, um die Wellen zu verarbeiten. Kurz vor 3 Uhr morgens entdeckte ich wieder Schmierblutungen, die mich dieses Mal unheimlich froh machten und mich motivierten.
Die sanfte Öffnung des MuMu durfte ich sehr intensiv wahrnehmen. Ich achtete auf keine Wehenabstände oder ihre Dauer. Ich nahm jede Welle, wie sie kam und konnte in ihnen in meinem Tempo aufgehen.
Gegen 5 Uhr morgens bekam ich den Drang in unsere Badewanne zu steigen. Ich ließ mir Wasser ein und ging in die Wanne. An den Rändern stütze ich mich ab und merkte, wie der Druck stärker wurde auf meinen Steiß. Das Wasser empfand ich dabei als sehr entlastend. Kurz vor halb 6, stand mein kleiner gerade 2 Jähriger Sohn auf und kam zu mir. Erst dann weckte ich auch meinen Mann, der völlig überrascht war, in welcher Phase der Geburt ich mich gerade schon befand. Ich beauftragte ihn mit der Versorgung unseres Sohnes und die Beiden kamen immer mal wieder kurz ins Badezimmer. Ich fühlte mich davon nicht gestört und vertönte die nächsten kraftvollen Wellen. Ich fühlte einmal nach dem Kopf und merkte deutlich den Übergang zur Austreibungsphase. Der Kopf rutschte immer weiter und ich bremste meinen Sohn noch etwas ab, damit die maximale Dehnung sanft erreicht werden konnte. Ich rief meinem Mann zu, dass der Kopf kommt und er die Hebamme anrufen solle. Kurz danach kam er mit meinem Sohn zu mir und in diesem Moment wurde unser zweiter Sohn mit der letzten Welle komplett geboren. Mein Mann nahm ihn in Empfang und reichte ihn mir durch das Wasser.
Mein Sohn war verblüfft von seinem Bruder und mein Mann im ersten Moment etwas aufgelöst. Mich hingegen durchströmten die Hormone und ein Gefühl der Dankbarkeit, Demut und innerer Stärke. „Ich habe es geschafft!“.
Unser zweiter Sohn wurde um 6:12 in der heimischen Badewanne geboren. Die Hebamme kam zur Plazentageburt dazu. Dankbar und demütig bin ich für diese zweite heilsame Geburt, die in meinem Tempo, ohne äußere Einflüsse verlaufen durfte.
Dankbar für meine zwei Herzensfreundinnen, die schon viel eher als ich erkannt haben, dass ich diese absolute Privatsphäre unter der Geburt für mich benötigen werde. Dankbar für meinen Mann und meinen kleinen Sohn, die ich in den letzten Minuten der Geburt als Stärkung empfinden durfte.
Text und Foto © Sarah Noel