Kürzlich schickte mir Julia eine Email mit ihrem ausgefüllten Fragebogen für die Alleingeburten-Statistik und wählte in der Betreffzeile den Titel „Alleingeburt im Kreißsaal“. In die Statistik kann ich sie leider nicht mit aufnehmen, da es mit dem Geburtsort Krankenhaus per Definition keine Alleingeburt sein kann, aber ihren Bericht möchte ich der Leserschaft nicht vorenthalten, denn Julia hat ihr Kind allein aus eigener Kraft geboren.
Meine „Alleingeburt“ im Kreißsaal
Kurz zur Vorgeschichte: Es ist mein 2. Kind, das 1. Kind kam 21 Monate zuvor nach einer Einleitung mit Gel an ET +11 in einer trotz allem entspannten Wassergeburt zur Welt.
Mein Kopf haderte nur mit der Einleitung. Ich war der Meinung, es war unnötig. Wir steckten gerade im Umzug ins neue Haus und ich war einfach nicht bereit. Zwei oder drei Tage später hätte es vielleicht ganz anders ausgesehen. Als Erstgebärende hatte ich mich vom Krankenhaus ziemlich verrückt machen lassen.
Diesmal sollte das anders sein. Ich wollte mir beweisen, dass ich selbst Wehen produzieren kann. Damit habe ich mich selbst ein bisschen unter Druck gesetzt, aber ich hatte eine tolle Hebamme, die mich mental in der Schwangerschaft und im Hinblick auf die Geburt super unterstützt hat, mit mutmachenden Gesprächen und Hypnose. Da bei uns keine Hausgeburtshebamme zu bekommen war, habe ich zusammen mit meinem Mann unseren Geburtsort offen gelassen. Ob in unserer Wanne oder der Kreißsaalwanne: Hauptsache im Wasser und ohne Einleitung.
Je näher der ET kam, desto unentspannter wurde ich. Bei der Hebamme bekam ich Akupunktur. Eine Woche vor ET begann ich mit Senfmehlfußbädern, ab ET nutze ich Nelkenöltampons. Ich wollte alles, nur keine Einleitung im Krankenhaus.
An ET+2 war ich zur Kontrolle dort, alles super, es wurde natürlich auch eine Einleitung angesprochen, ich habe nur gesagt: „Solange alles super ist, nein!“
Auf dem Flur traf ich eine Bekannte, die eine Woche vor ET war und eingeleitet wurde, da das Gewicht des Kindes zu hoch geschätzt wurde. Alles drehte sich bei mir wieder nur um Einleitung. Abends bin ich dann in die Badewanne, um zu entspannen. Das hat super geklappt und ich bin ruhig und in mir ruhend ins Bett mit dem Gedanken, „Er braucht einfach noch ein bisschen Zeit, wenn er will kommt er schon.“
Ich habe super geschlafen, wurde nachts um 2 Uhr wach und dachte: „Was war das?“ Habe etwas weiter gedöst, war mir dann aber sicher, ich hatte zum ersten Mal Wehen. Das hat mich so abartig gefreut, dass ich ab da wie auf einer Welle der Euphorie geschwebt bin. Ich lag also im Bett, genoss meine Wehen, freute mich auf mein Kind und es war ruhig.
Ungefähr um 3 Uhr wurde unserer Großer wach, ich habe dann meinen Mann geweckt und ihn zu ihm geschickt. Hab aber auch dazu gesagt, sie sollen nochmal schlafen, ich hätte noch Abstände von 7-8 Minuten und alles sei entspannt, dauert also noch. Ich bin eine halbe Stunde später mal ins Bad auf Toilette und dachte, ich lege mich mal in die Badewanne. War sehr entspannt, hab mir Kerzen angemacht und weiter die Vorfreude genossen. In der Wanne waren die Abstände und die Intensität der Wehen gleich geblieben. Um halb 5 Uhr schrieb ich meinem Mann, dass es noch dauert und alles gut ist. Dann merkte ich die Abstände verkürzen sich, ca. 4 Minuten zwischen den Wehen und schon intensiver. Da merkte ich, in dieser Badewanne kann das Kind nicht kommen, die im Kreisssaal ist viel bequemer. Das wusste ich ja von der ersten Geburt. Um 5 Uhr schrieb ich also meinem Mann: „Bring den Großen bitte zu deinen Eltern.“ (sie wohnen nebenan) „Wir fahren ins Krankenhaus.“
Er war ziemlich perplex, weil ich kurz vorher geschrieben hatte: „Dauert noch.“ Ich hab mich dann vom Großen noch verabschiedet und bin dann raus aus der Wanne. Auf der Toilette ließ sich alles gut vertönen und veratmen. Die Abstände konnte ich dann gar nicht mehr tracken. Bis mein Mann dann noch die Tasche im Auto und den Sitz wasserfest gemacht hatte und wir los kamen, war es schon 20 vor 6 Uhr.
Im Auto konnte ich die Wehen recht gut veratmen und war in meiner Blase. Beim Aussteigen am Krankenhaus verlor ich Fruchtwasser. Wann die Blase aufging, weiß ich nicht. Im Kreisssaal kam ich um Viertel nach 6 Uhr an. Er war zum Glück leer. Alles ruhig, das kam mir sehr entgegen. Was etwas doof war und meine Entspannung kurzzeitig mal gestört hat war, dass eine vaginale Untersuchung (Muttermund war bei 4 cm) und ein Coronatest gemacht wurde, ein Zugang gelegt wurde und die Hebamme ein Ctg schreiben wollte. Ich konnte mich aber zum Glück durchsetzen, das Ctg erst in der Wanne gemacht zu bekommen, ich musste ins Wasser.
Als ich wieder in der Wanne lag, war ich sofort wieder in meiner Blase und die Wehen machten sogar eine Pause. Die Hebamme ging dann raus, weil sie Übergabe hatten und bei uns alles gut war. Das war wohl mein Startschuss.
Eine Presswehe kam, der Kopf war geboren, mit der zweiten war unser kleiner Pius Benjamin um 6:44 Uhr auf der Welt. Der Papa holte ihn aus dem Wasser und legte ihn auf meine Brust. Wir kuschelten ein paar Minuten und dann kam mit einer einzigen Wehe auch schon die Plazenta. Dann erlaubte ich meinem Mann die Hebamme zu informieren. Diese und auch ihre Ablösung waren total überrascht, weil kurz zuvor der Befund ja erst 4 cm war. Die dann diensthabende Hebamme war ganz toll und hat uns super schöne Bilder gemacht, auch von der Plazenta, die sie uns zeigte und erklärte. Wir konnten die ganze Zeit noch kuscheln und auch das erste Mal stillen. Ungefähr 2 Stunden später kam der Arzt um meinen kleinen Dammriss zu nähen. Dann hat der Papa die Nabelschnur durchgeschnitten und der Kleine wurde gemessen und gewogen: 3410g, 52cm, Kopfumfang 35cm.
Danach kamen wir zum Frühstücken auf Station. Dort konnten wir noch kuscheln, weil wir auf die Entlassung durch den Kinderarzt warten mussten. Um 14 Uhr waren wir dann wieder zuhause und konnten im Bett zu viert kuscheln.
Text © Gastautorin Julia
Beitragsbild © PixabayTyler Hurd