Gastautorin Julia berichtet uns von ihren zwei selbstbestimmten Hausgeburten und mit einem klaren Ziel: Möge die Inspiration weit fließen und der Samen der natürlichen Geburt sich in unseren Herzen & Köpfen halten.
Geburtsbericht unserer geliebten Tochter Amalia Yamuna Chumani, 20.06.2017
Wagenplatz Regensburg, wir kommen gerade vom Frauenarzt (als Sicherheit für unsere Hebamme, da wir 7 Tage „über“ dem errechneten Termin sind). Verärgert über die Inkompetenz der Allgemeinmedizin setzte ich mich zu Sarah vor den Bauwagen und beobachte ihre Tochter mit dem Winzling vom Wagen nebenan spielen. Ich fange an mich schön zu unterhalten & zu entspannen. Zarte Wellen begleiten mich seit ich hier sitze.
Mike ist unterwegs, den Kühlschrank und die Flöten, die wir im Bauwagen nach dem Auszug vergessen hatten, ins Auto zu bringen. Ein Schmunzeln breitet sich auf meinem Gesicht aus – die Wellen werden stärker. Der Gedanke, das Baby könnte jetzt doch hier geboren werden, hier wo es gezeugt wurde, amüsiert mich. Sarah merkt intuitiv, dass es doch mehr als nur Vorwehen sind und sucht Mike. Nach einer gefühlten Stunde sitzen, reden und ab und zu Leute nach ihm fragen, taucht er hinter einigen Büschen auf. Er sieht zufrieden aus und will eigentlich noch auf einen Freund warten, bevor wir heim fahren. Wir merken beide, dass das keine so gute Idee ist und setzen uns ins Auto.
Eine Stunde Fahrt vergeht, es ist gegen 17 Uhr, ich verathme die Wellen tönend. Mit Erleichterung kommen wir in Altdorf an und begeben uns ins Geburtszimmer. Der Gymnastikball! Welch Wohltat! Ich werfe mich gerne bei jeder ankommenden Welle darauf um zu tönen und genieße es. Unsere Hebamme haben wir auf Kurzwahl, falls wir sie brauchen. Noch steht es für mich nicht zum Thema sie überhaupt dazu zu holen. Der nächste Weg führt mich in die Küche, die Wellen kommen schon seit wir ins Auto gestiegen sind im 5min Rhythmus.
Ich verathme die nächste liebevoll singend im Türstock… meine Mutter, total aufgeregt, gerade angekommen, sie weiß es geht los. Wir plaudern… einige Wellen halten sich nicht an die 5min und kommen zwischendurch alle 2min. Das ist aber ein kurzer Abstand, ich glaube es kommt noch heute Abend! Mit den Worten verabschiedet sie mich nach oben. Langsam kristallisiert sich etwas Magisches im Raum…. alles ist getaucht in Kerzenlicht, die Geburtsräucherung von Melli duftet. Mike hat alles im Griff, er bettet das Zimmer in Zauber und Liebe.
Das Ursprüngliche, das in uns allen wohnt, zeigt sich mir durch das Tönen. Es ist echt, es ist tief und ähnelt alten indianischen Gesängen. Die Töne kommen von selbst, die Wellen sind stärker und zwingen mich, so lange sie anhalten zum Stillstand. Ganz ungeplant (wie alles wichtige im Leben) kommt das Bedürfnis hoch, Monika, meine Hebamme, anzurufen. Sie hebt ab… „Hallo Monika, ich glaube es geht los“ …. bevor das Gespräch richtig begonnen hatte – eine Welle. „Das klingt aber schon sehr gut! Wie lange sind die Abstände zwischen den Wehen?“ Ich teile ihr mit, dass sie meistens zwischen zwei und fünf Minuten kommen und sie sich gerne noch Zeit lassen kann. Gesagt, getan.
Der Geburtspool duftet nach Lavendel als Mike mich ins Bad begleitet. Kristalle und Edelsteine liegen im Wasser. Entspannung macht sich im Rücken und Becken breit. Es ist angenehm in die Wellen einzutauchen und sich gehen zu lassen zum indianischen Gesang.
Vielleicht eine Stunde später trifft sie ein. Müde vom warmen Wasser habe ich den Pool verlassen um wach und fit zu bleiben. Monika erklärt mir, dass es gut sei zwischen den Wellen wenn möglich sogar zu schlafen, denn das Baby käme nicht vor Morgen früh… Verdutzt und ungläubig klettere ich zurück ins Wasser und befolge ihren Rat. Noch so viele Stunden? Wow, das heißt ja, das ist erst der Anfang. Ein wenig eingeschüchtert brauche ich einige Wellen um wieder zurück zu mir und meinem Rythmus zu finden. Monika legt sich nebenan schlafen/ ruhen, falls ich sie brauche, kann ich rufen (so war es ja abgesprochen).
Die Wellen sind stark und intensiv. Mikes Hand ist immer da um mich zu massieren, zu halten oder gedrückt zu werden. So wandeln wir durch die Nacht: Pool – Bett – Wasser – Land – Wasser…. Wir schlafen beide Hand in Hand zwischen den Wellen ein und besingen/ verathmen sie gemeinsam. Immer mehr kehre ich nach innen, im Tanz der Wellen gibt es nur mich und mein Baby. Ich spüre es zappeln, mitschieben und kann mir nicht vorstellen, dass sie bald nicht mehr in meinem Bauch wohnt. Sie in meinen Armen halten, das wünsche ich mir jetzt mehr als alles andere.
Der nächste Befund ergibt, dass der Muttermund bald vollständig eröffnet ist. Ich bin müde. Unsere Hebamme bittet mich Antonia anrufen zu dürfen (auch Hebamme), weil sie plötzlich Kreislaufprobleme hat. Was da um mich passiert wird unwichtig und ich stimme zu. „Ich kann nicht mehr!“, das erste Mal, dass ich einknicke. Monika und Antonia wissen was das bedeutet. Es ist bald soweit… Nach einer mächtigen Welle rufe ich nur „Raus aus dem Pool!“, wir schaffen es ins Bett, die Kamera filmt einen leeren Geburtspool. Etwas ist anders…. in meine Gesänge mischen sich andere Atemgeräusche. Erwartungsvolle Blicke sind das letzte, das ich mitbekomme bevor es so richtig losgeht. Eine Wucht von unbeschreiblicher Kraft reißt mich mit sich. Schieben wie in den Filmen ist nicht nötig, der Körper schiebt auch ohne dich. Die Fruchtblase! Unmittelbar dahinter steckt das Köpfchen.
Ein Zwick, die Blase ist auf, ich spüre den Kopf und alles wird warm, jetzt bin ich die Löwenmutter! Da ist SIE, ich streichel den Kopf bis zur nächsten Welle, völlig eingenommen von IHR. So warm! So weich! So wunderschön. Die Mutter aller Wellen, sie ist es, die mir im Morgengrauen mein Baby schenkt. Auf allen Vieren schreie ich sie heraus. Da ist SIE – auf dem Bett – gesund! Und sie weint nicht einmal! Ich drehe mich sofort zu ihr und hebe sie vorsichtig an meinen Bauch. Die Nabelschnur ist kurz, doch reicht sie, um den Engel in die Arme zu schließen. Mein Baby! Alles weint vor Rührung. Mikes Gesicht wird für immer ein Geschenk sein, an das ich mich erinnern darf. „Ich habe es geschafft!“ Er küsst mich. „Du hast es geschafft.“ Sie ist das Schönste, was ich je gesehen habe. So perfekt. Sie wählte uns.
Die freie Geburt unserer geliebten Tochter Anouk, 01.05.2021, Walpurgisnacht
Eine Geschichte der unendlichen Liebe & Stärke zweier Eltern für ihr Kind.
Diese Schwangerschaft ist so intensiv, ich meditiere jeden Tag, tanze, lache, weine und fühle mich so alive. Vier Wochen vor Geburtsbeginn habe ich schon starke Wellen die mich ständig begleiten, doch bei der ersten effektiven Geburtswelle ist es mir gleich klar- es geht los!
Mitten in der Nacht die erste Welle, die nach unten zieht, fröhlich lege ich mich wieder hin und wandle durch den Schlaf, wache Wellen besingend auf und schlafe weiter bis zum Morgen. Die Abstände mit einer halben Stunde noch lange. Den ganzen Tag geht das so weiter, der Garten blüht und duftet, wir gehen viel spazieren, das Fruchtwasser läuft während den Wellen fröhlich auf Mutter Erde hinab. Die Sonne wärmt meinen Bauch, der Pool in der Küche läuft langsam voll. Als es dämmert lasse ich mich im Pool schwebend mit Tränen der Dankbarkeit zu Mikes Gitarrengesängen gehen. Unsere Tochter Amalia verabschiedet mich bald mit vielen Küssen ins Bett, wir versprechen ihr sie gleich zu wecken, wenn ich ihre Schwester geboren habe.
Jetzt sind wir ganz Mann und Frau. Zärtlichkeit und Lust liegt in der Luft, wir küssen uns viel, die Wellen sind sehr stark und so ekstatisch. Ich sehe beim lustvollen Küssen vor meinem geistigen Auge wie sich mein Muttermund öffnet. Ein lautes „Jaaaaa“ und wunderschöne Geräusche der Ekstase helfen mir immer weiter zu werden. Alles ist weich, ich spüre nichts als Liebe, als mein Mann für mich singt.
Bald verändert sich mein Umgang mit den Wellen, ich bin viel in Bewegung, im Wasser treibend ist jetzt keine Option mehr, alles fühlt sich nach Übergangsphase an. Die altbekannten tiefen Töne dröhnen durchs Haus. Etwas unruhig und getrieben warte ich auf die aktiven Presswehen. Sie setzen bald ein, aber nicht wie gekannt. Der Kopf von meinem Baby ist fühlbar, doch es dauert lange und braucht viel intuitive Bewegung bis er sich tiefer ins Becken positioniert. Die Anstrengung ist groß, doch die Kräfte verlassen mich in keinem Moment. Ich bin ganz auf mich gestellt, ein unglaublich schönes Gefühl in dem ich mich und meine Intuition ganz neu entdecke.
Nachdem ich für einige Wellen aus dem Pool gegangen bin, um die Schwerkraft besser nutzen zu können, spüre ich die erste wirklich effektive Presswehe, die ich aus Versehen stoppe, indem ich etwas erschrocken die Position verändere. Durchgehen, Loslassen, ab in den Pool.
Da ist sie die Mutter-Welle, die mir in einem Zug den Kopf meiner Tochter in meine Hand schiebt. Ganz ruhig ist es im Raum. Niemand da außer mein Geliebter, der voller Liebe in seinen Augen zusieht und geschehen lässt. Die Zeit verschmilzt mit dem Raum als ich den Kopf meines Babys streichle. So weich, so wunderschön. Lautlos und ganz eingenommen von ihr, gebäre ich in einer Welle den Rest ihres Körpers und fische sie im dunklen Kerzenschein sofort aus dem Wasser. „Mein Bebi, mein Bebi“, es ist ein Mädchen!
Mike hat Amalia schon geholt, sie war die Einzige, die wusste, dass es eine Babyschwester wird.
Ungehalten, voller Freude rennt sie zu uns und küsst die Kleine, als wäre sie immer da gewesen. Die unendliche Liebe für die kleine Zaubermaus expandiert ins Nicht-Greifbare- bis heute wohnt der Spirit in unserem Haus und zeigt uns jeden Tag erneut, wie gesegnet wir sind.
Text und Fotos: (c) Julia
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