Auswertung der Alleingeburten des Jahres 2017

Wieviele Alleingeburten gibt es eigentlich? Gibt es einen Trend zur Alleingeburt? Hier kommen die erfassten Zahlen für 2017.

Anzahl der Alleingeburten

Es gab 2017 mindestens 143 Geburten, die ohne die Anwesenheit von Geburtshelfern/Hebammen stattfanden.  Auf den ersten Blick scheint es hier eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr mit 131 zu geben.

 

Geplant oder Ungeplant?

Die nähere Auswertung zeigt jedoch, dass nur 104 Geburten als Alleingeburt geplant waren, die weiteren 39 ungeplant. Das bedeutet, dass die Anzahl der geplanten Alleingeburten gegenüber dem Vorjahr leicht gefallen ist, wohingegen sich die ungeplanten mehr als verdoppelt haben.

In welchen Ländern finden Alleingeburten statt?

Es gingen für 2017 vorwiegend Meldungen aus Deutschland (114), Österreich (8) und der Schweiz (6) ein.

Aus Tirol (3, ungeplant), Costa Rica (2, geplant), Dominikanische Republik (1, geplant), Brasilien (1, geplant), England (1, geplant), Frankreich (1, geplant), Portugal (1, geplant), Schweden (1, geplant),  Thailand (1, geplant), Tunesien (1 geplant) und USA (1, geplant) kamen die Meldungen von deutschsprachigen Frauen, die sich zum Zeitpunkt der Alleingeburt in diesen Ländern aufhielten.

In der Türkei wurde eine (1) als AG geplante Geburt abgebrochen und im Krankenhaus mittels Kaiserschnitt beendet. (Mehr dazu weiter unten in „Abgebrochene Alleingeburten“)

Einfluss eines vorherigen Kaiserschnitts auf eine Alleingeburt (VBAC)

Mit einem Zustand nach Kaiserschnitt  gingen 4 Mütter in die geplante Alleingeburt, wovon 3 ihren Plan verwirklichten. Eine Mutter (in der Türkei lebend) mit Zustand nach 2 Kaiserschnitten beendete selbstbestimmt ihr Vorhaben, nachdem sie nach 2 Tagen Wehenarbeit keinen Fortschritt erkannte. Diese Geburt endete im Krankenhaus mit sekundärem Kaiserschnitt.

16 Mütter konnten nicht auf einen Zustand nach Kaiserschnitt beurteilt werden, da keine Daten vorlagen. Die übrigen 123 Mütter waren nicht durch einen vorherigen Kaiserschnitt beeinträchtigt.

Geburtslage

Mit den 143 Alleingeburten im Jahre 2017 wurden insgesamt 144 Kinder geboren. Die Geburtslagen der Kinder schlüsseln sich wie folgt auf:

  • Eine (1) Beckenendlage (BEL) eines Einlings,
  • Eine (1) Beckenendlage eines Zwillings und
  • 129 Kinder in Schädellage (SL)

Unter den aus Schädellage geborenen Kindern, wurden 6 in intakter Fruchtblase geboren (sogenannte „Glückshaube“) und 4 in der Sternenguckerposition (HHL). Ein (1) Baby wurde mit der Hand am Kopf geboren, ein (1) weiteres Baby sogar mit 2 Händen vor dem Gesicht. Letztere wurde zwar als Alleingeburt geplant, dann aber mit Hebamme im Rahmen einer Hausgeburt beendet. (siehe „abgebrochene Alleingeburt“). Bei weiteren 13 Kindern die allein geboren wurden, ist mir die Geburtslage nicht bekannt.

Wassergeburt versus „An-Land“-Geburt

Die Anzahl der im Wasser geborenen Kinder betrug 29.  Für die Wassergeburt dienten entweder der Geburtspool, das aufblasbare Kinderplanschbecken oder die heimische Badewanne. Eine Mutter hatte sich einen sehr exotischen Pool in einem ausgehölten Eukalyptusbaumstamm als Gebärplatz ausgesucht.

Mit der trockenen Variante „an Land“ kamen 80 Kinder zur Welt. Bei den Gebärplätzen wurden häufig das Wohnzimmer, das Schlafzimmer und das Badezimmer genannt. Auch im zukünftigen Kinderzimmer, oder dem Arbeitszimmer kamen Kinder zur Welt.  Der Bungalow, das Zelt und  die Jurte runden die Vielfalt möglicher Gebärorte ab.

Als ungewöhnlicher Geburtsort zählte 2017 auch das Auto. In Deutschland kamen 7 Kinder ungeplant im Auto zur Welt. Auch im Nachbarland Österreich gab es eine Geburt auf dem Beifahrersitz.

Gebärpositionen zum Zeitpunkt der Austreibung des Kindes

Gebärpositionen bei ungeplanten Alleingeburten (39)
  • auf den Knien: 2
  • in der Hocke mit einem aufgestellten Bein: 1
  • im Stehen: 3
  • im Stehen und im Vierfüßler: 1
  • im Vierfüßler: 4
  • im Sitzen (Auto): 3
  • auf der Toilette sitzend bis Kopf draußen, dann stehend: 1
  • in der Rückenlage: 1
  • in der Seitenlage: 2
  • unbekannte Gebärpostion: 21
Gebärpostionen bei geplanten Alleingeburten (104)
  • auf den Knien: 18
  • auf den Knien und in der Hocke: 2
  • in der Hocke: 4
  • in der Hocke mit einem aufgestellten Bein: 1
  • im Stehen: 3
  • im Stehen und im Vierfüßler: 1
  • Im Vierfüßler: 17
  • im Vierfüßler und in der Hocke: 1
  • in der Rückenlage: 1
  • unbekannte Gebärposition: 51
  • (4 geplante Alleingeburten endeten nach Abbruch im Krankenhaus, davon 3 mit Kaiserschnitt und eine Geburt mit PDA in Rückenlage)

Hier zeigt sich dass, sowohl bei geplanten wie ungeplanten Geburten, die Mütter fast durchgehend eine aufrechte Gebärposition intuitiv einnehmen.

Abgebrochene Alleingeburten

Auch beim Thema Abbruch einer Alleingeburt spielt die Intuition einer Gebärenden eine wesentliche Rolle. 2017 wurden mir insgesamt neun (9) als Alleingeburt geplante Geburten mit einem Abbruch dieses Vorhabens mitgeteilt.

  • Beendigung im Krankenhaus durch Vaginalgeburt: 5
  • Beendigung im Krankenhaus durch Kaiserschnitt: 3
  • Beendigung als Hausgeburt mit Hebamme: 1
Genannte Gründe für den Abbruch einer Alleingeburt:

– Erschöpfung nach Wehenmarathon (anschließend im KH Vaginalgeburt)

– Erschöpfung, Kind kam nicht ins Becken (anschließend im KH Vaginalgeburt)

– Selbstbestimmte Verlegung nach 28stündigem Wehenmarathon, Erschöpfung und Müdigkeit (im KH Vaginalgeburt)

– Selbstbestimmte Verlegung nach 39 Stunden Wehenarbeit, davon 33 Stunden mit Wehen im 3-Minuten-Takt. (Im Krankenhaus mit PDA als Vaginalgeburt beendet.)

– Unbekannter Grund. Mutter hatte Hilfe in einer Facebookgruppe gesucht. Eine Hebamme in der Nähe brachte sie in Krankenhaus. Fremdbestimmte Verlegung. Ob Vaginalgeburt oder KS ist nicht bekannt, jedoch seien Mutter und Kind wohlauf)

– Mutter mit Zustand nach 2 Kaiserschnitten registriert nach 2 Tagen Wehenarbeit einen Geburtsstillstand. Kind war bereits ins Becken eingetreten, kam aber nicht weiter. (anschließend Kaiserschnitt)

– Geburtsstillstand und HELLP-Syndrom (Im KH mit Kaiserschnitt beendet)

– Selbstbestimmte Verlegung nach 18stündiger Wehenarbeit und dem intuitiven Gedanken, dass etwas nicht stimmt. Weitere 3 Std. später RTW gerufen, da kein eigenes Auto. Diagnose: Zervixdystokie (im KH mit Kaiserschnitt beendet)

– Selbstbestimmtes Hinzurufen einer Hausgeburtshebamme. Gebärende wünscht die Sprengung der Fruchtblase durch die Hebamme. Spontangeburt eines Kindes, welches beide Händchen vor dem Gesicht hatte. (Geburtsbericht dazu: hier)

Prozentual betrachtet errechnet sich bei den geplanten vorbereiteten Alleingeburten eine Verlegungsrate von 8,6% und eine Kaiserschnittrate von 2,9 %.

Mortalität/Sterblichkeitsrate

Mütterliche Mortalität

Ein Mutterherz hat 2017 im Rahmen des Geburtsgeschehens aufgehört zu schlagen. Dieser Fall bewegte Anfang des Jahres alle Frauen in den Alleingeburtsgruppen und -Foren. Die Mutter soll am Abend mit ihrem Transporter in den Wald gefahren sein. Am nächsten Tag wurde die Frau in ihrem Transporter tot aufgefunden. Die gerufenen Einsatzkräfte der Polizei entdeckten auf dem Beifahrersitz ein Neugeborenes, welches in eine Decke eingewickelt war und somit überlebte. Über die Presseberichte hinaus gab es keine weiteren Informationen zu diesem Tode. Einzig eine Bekannte der toten Mutter meldete sich in einer Facebookgruppe zu Wort und sprach davon, dass es sich nicht um eine geplante Alleingeburt handelte. Es bleibt weiterhin unklar, warum die Gebärende zu keinem Zeitpunkt zu ihrem Handy griff und Hilfe organisierte. (Quellen dazu: MDR, N-TVTAG24 )

Ausgehend von der Gesamtzahl aller erfasster Alleingeburten 2017 liegt die mütterliche Sterblichkeit somit bei 0,7%. Läßt man die ungeplanten Alleingeburten außen vor und schaut sich nur die gut vorbereiteten und mental geplanten Alleingeburten separat an, liegt die mütterliche Sterblichkeitsrate bei 0%.

Kindliche Mortalität

Die kindliche Mortalität aufgrund einer geplanten/ungeplanten Alleingeburt beträgt 0%, da in 2017 keine diesbezüglichen Meldungen eingingen.

Der Vollständigkeit halber möchte ich ein Kind erwähnen, welches leider 7 Tage nach erfolgreicher Alleingeburt am Plötzlichen Kindstod verstarb.

Geburtsgewicht

Die TOP 3 der höchsten Geburtsgewichte 2017
  •  4200 Gramm,
  •  4600 Gramm und
  •  4730 Gramm
Die TOP 3 der niedrigsten Geburtsgewichte 2017
  • 2580 Gramm
  • 2720 Gramm und
  • 2800 Gramm

Dies war erstmal ein kurzer Rückblick auf das Jahr 2017. Für den Fall, dass Du selbst noch eine Alleingeburt für 2017, 2018 oder die Vorjahre melden möchtest, schreib mir bitte eine Email.

Du kannst mir ganz formlos schreiben oder Dich an den Fragebögen orientieren: KLICK

Vielen Dank,

Jobina Schenk

UPDATE: 25.02.2018

Der Bericht zur Erfassung von 525 Alleingeburten ist ausgewertet und steht Dir hier zur Verfügung. KLICK

6 Gedanken zu „Auswertung der Alleingeburten des Jahres 2017“

  1. Liebe Jobina, herzlichen Dank für Deine Auswertung der Alleingeburten 2017, all die Beiträge hier und Deine Zeit und Mühe um diese Homepage, die ich für wichtiger, aussagekräftiger und damit bedeutender halte als jede wissenschaftliche Studie.
    Ich wünsche Dir weiterhin viel Energie für diese Arbeit rund um Selbstbestimmung und Alleingeburt.
    Viele Grüße,
    Sonja

  2. Liebe Jobina,
    herzlichen Dank für Deine wunderbare, so wertvolle Arbeit.
    Mögen noch viele, viele Frauen, Männer und Kinder in den Genuss Deines Wirkens kommen und mögest Du davon glücklich, gesund und in Frieden leben können!
    Mit herzlichen Grüßen
    Angela

    1. Danke liebe Angela,
      Es ist definitiv eine „Arbeit“ die mich glücklich macht, weil ich an so vielen friedlichen Geburten teilhaben darf. Mögen die friedlich geborenen Kinder dieses Glück weiter in die Welt hinaus tragen. Dann klappt es vielleicht noch mit dem Weltfrieden. Ich wär absolut dafür!

  3. Was soll man dazu sagen.
    Unfassbar. Ignorant. Nicht zeitgemäß.
    Jedes Treppengeländer ist in unserem Land genormt, aber mit den eigenen Kindern kann man machen was man will. Selbst wenn es der größte Unsinn ist und Menschenleben vorsätzlich gefährdet.
    Ich bin mir sicher, daß Euer Kind sich für eine Geburt in einem angemessenen Umfeld entscheiden würde, wenn ihr es fragen könntet. Wenn es über Risiken aufgeklärt werden könnte, die selbst bei unkompliziert verlaufenden Schwangerschaften eintreten könnten.
    Mit 200 km/h auf einer Allee in Brandenburg mit geschlossenen Augen kann auch gutgehen, muß aber nicht.

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