Pat brachte ihre Zwillinge per Alleingeburt zur Welt. Wie es dazu kam, dass sie überhaupt eine Alleingeburt plante und wie diese ausging, schildert sie in ihrem Geburtsbericht.
Meine Vorgeschichte
Mein erstes Kind, Sohn L., ist im Oktober 2012 auf die Welt gekommen. Schon damals wusste ich, dass ich nicht ins Krankenhaus möchte für die Geburt. Gebären ist ja schliesslich etwas das wir Frauen seit Jahrtausenden machen. Ohne mir viele Gedanken zu machen habe ich also die Schwangerschaft genossen, einen Kurs besucht und das eine oder andere Buch gelesen.
Der Bauch wurde grösser und grösser, und es war ziemlich bald klar, dass es ein großes Baby geben wird. 4 Tage vor dem errechneten Geburtstermin, an einem Freitag morgen, bin ich mit leichten Wellen ins Geburtshaus. Kontrolle. Noch nichts. Spazieren gehen, schlafen, entspannen war das Rezept. Am Samstagabend dann, Wellen im Abstand von 5 min. Voller Euphorie sind S. und ich wieder ins Geburtshaus. Immer noch zu schwach, nichts passiert. Also haben wir Wehen Hemmer in Form von Zäpfchen erhalten da der Schlaf wichtig war in den Augen unserer Betreuerin. Morgens um 5 Uhr ging es dann richtig los und ich habe Wellen in der Wanne veratmet. Gegen 13 Uhr Wehenmittel, bis ca. am Nachmittag um 17 Uhr. Mit der Ankunft der zweiten Hebamme fiel die Entscheidung mich ins Krankenhaus zu überweisen, denn ich hatte fast komplett eröffnet aber mein Baby konnte nicht runterrutschen.
Wehenhemmer. Ab zum Auto.
Im Krankenhaus angekommen wieder ein Wehenförderndes Mittel. PDA aufgedrungen. Die “freundliche” Hebamme im Unispital erklärte mir, wenn in den nächsten 2 Stunden nichts passiere, gäbe es einen Kaiserschnitt. Aha.
Statt meinen Sohn selber in die Arme zu nehmen, wie ich mir das gewünscht hatte, hiess es von einer komplett fremden Stimme hinter dem OP-Vorhang “Es ist ein Junge!”
Schön, den Jungen, also L, habe ich leider erst am nächsten Tag kennengelernt. Obwohl seine APGAR Werte mit 9/10/10 gut waren, meinte der frisch gebackene Kinderarzt, seine Sauerstoffsättigung sei nicht optimal. Deswegen hat L. eine ganze Nacht und bis am Dienstagnachmittag, seine ersten Stunden allein in der Neonatologie verbracht. Mit seinen 4560 Gramm.
Die zweite Geburt
2016, schwanger mit meinem 2. Kind, habe ich mir geschworen, das würde mir nicht mehr passieren. Keinen Kaiserschnitt! Ich bin eine gebärfähige Frau und werde mein Kind natürlich und spontan zur Welt bringen.
Diesmal habe ich mich viel mehr mit dem Thema Geburt auseinandergesetzt. Viele Bücher gelesen, einen Hypnobirthing-Kurs besucht und mich vor allem von unserer traumatischen ersten Geburt erholt. Dummerweise war ich jetzt, mit einem “Zustand nach Kaiserschnitt”, eine Risiko-Schwangere. Ich hatte zwar kein Problem eine tolle Hebamme zu finden oder ein Geburtshaus, welches mich betreut, aber überall wurde Alarm geschlagen. Meine Frauenärztin meinte in der 37. SSW, ob ich nicht einleiten möchte, es gäbe wieder so ein großes Baby. Und sie habe schließlich die Verantwortung für mich. Oder besser noch einen Kaiserschnitt. Was ich denn so schlimm fände daran, in Brasilien würden 50 % der Frauen mit Kaiserschnitt entbinden. Mmmmm. Ich sei verantwortungslos hieß es noch zusätzlich, ob ich wisse, was eine Schulterdystokie sei, es besteht bei so großen Babys eine große Gefahr……
Ich habe ein CTG machen lassen, weil sie das wollte und musste nach 30 Minuten wieder kommen, weil das CTG auffällig war. Aha kein Wunder. Ich bin aus der Praxis raus und wohlverstanden nie mehr rein.
Auf den Tag genau am berechneten Geburtstermin habe ich einen Blasensprung um ca. 17 Uhr. Ja! Entleeren, und schon kommen die ersten Wellen. Perfekt! Ich rufe die Hebamme gelassen an und erzähle vom Blasensprung.
Um 2 Uhr nachts rufe ich die Hebamme erneut an und sage ihr dass wir jetzt kommen, ich möchte gerne in die Wanne. Kaum bin ich in der Wanne, habe ich Mühe mit dieser neuen Situation. Mist, wäre ich doch zuhause geblieben! Die Wellen werden wild und ich finde nicht zu mir. Meine Hebamme schlägt Alarm, sie zieht die zweite Hebamme dazu. Entscheidung, ins Krankenhaus zu gehen. Angst, um eine Uterusruptur. SCHEISSE. Das ist nicht euer Ernst, denke ich mir. Wehenhemmer. Ab ins Auto. Aufgelöst in Tränen komme ich im Krankenhaus an. Ich werde von einer tollen, freundlichen Hebamme empfangen, welche meinen Geburtsplan respektiert und mich machen lässt. Also veratme ich noch ein paar weitere Stunden diese tollen Wellen. Ich komme in einen Rhythmus, ahh endlich…
Schichtwechsel, zwei neue junge Hebammen. Sie bestehen auf eine Kontrolle des Muttermundes. 6cm. Gut, weiter so. 3 Stunden später nochmals Kontrolle. Mist, falsch getastet, doch erst 4cm.
Sie bestehen auf Wehenmittel, darauf folgt eine PDA, darauf folgt eine ständige Überwachung mit CTG. Interventionen, Interventionen, Interventionen. Ich habe die Hoffnung schon fast aufgegeben und denke, es passiert mir schon wieder. Doch S. an meiner Seite macht mir Mut. Es muss kein Kaiserschnitt werden, wir schaffen das! Also gebäre ich meine Tochter an einem November Abend um 22.00 Uhr vaginal. Ich bin auf meinen Knien und nehme sie entgegen. E. ist ein Mädchen. Wir sind überglücklich.
Wir haben ein paar Stunden geschlafen und sind dann nach Hause. Im ersten Moment war ich euphorisch und glücklich, im zweiten Moment habe ich realisiert, es war wieder nicht meine Traumgeburt. Vieles ist schief gegangen. Ich habe nicht natürlich, aber immerhin vaginal geboren. Ich habe aber nichts gespürt. Das war keine “richtige” Geburt.
Schwanger zum 3. Mal mit meinen 2 Jungs.
Diesmal wird es eine Hausgeburt! Ich entscheide mich vorerst nicht zum Ultraschall zu gehen. Überall sehe ich aber Zeichen. Alles scheint im doppelten Sinne zu stehen. Meine Gebärmutter ist schon in der 10. Woche groß, finde ich. Ist das, weil es die dritte Schwangerschaft ist? Also entscheide ich kurzerhand in der 12. SSW einen US zu machen. Ich wähle bewusst einen alternativen Frauenarzt aus und bin gespannt.
Und tatsächlich, der Ultraschall zeigt 2 Babys! S. und ich sind baff und glücklich zugleich. Mother of 4. Wow.
Frauenarzt meint, Hebamme braucht es nicht, ich muss sowieso alle 2 Wochen zu ihm. Wir müssen fest aufpassen, dass sich der Gebärmutterhals nicht verkürzt, laut Berechnungen sollte ich es im Dezember und Januar ruhig angehen, mir Hilfe holen und bestenfalls liegen. Wir gehen also aus dieser Praxis raus und mir ist ziemlich schnell klar, dass ich das erste und letzte Mal da war.
Und nun? Hausgeburten mit Hebammen sind in der Schweiz nicht zugelassen, außer ein Arzt ist anwesend. Aber welcher Arzt macht das schon?
Ich fange an zu recherchieren. Suche Optionen raus und mache mir Gedanken. Ich lande bei einer erfahrenen Zwillings-Hebamme welche Beleghebamme ist in einem kleinen Spital. Sie empfiehlt mir einen Arzt, der ebenfalls Belegarzt ist in diesem Spital. Tatsächlich, ein entspannter Arzt der mich nicht alle 2 Wochen sehen möchte. Einer der meine Wünsche respektiert und nicht den Drang hat alle möglichen Risiken aufzuzählen, während ich bei ihm bin. Also gehe ich völlig entspannt durch meine Schwangerschaft, sehe alle 4 – 6 Wochen mal den Arzt, mal die Hebamme und genieße es.
Am Anfang habe ich gedacht, da muss ich nun durch. Es gibt hier keine andere Option und habe mich mit dem Gedanken abgefunden. Je fortgeschrittener die Schwangerschaft und desto grösser wurde die Auseinandersetzung mit der Geburt und ich merkte, dass es eigentlich keine Option ist. Ich möchte nicht in ein Krankenhaus, ich möchte keine Interventionen und ich möchte nicht unter diesem Druck stehen.
So habe ich Woche für Woche meine Geburt immer wie klarer visualisiert. Ich sah mich mit S. im Dachstock, wo ein Feuer uns wärmte und der warme Pool meine Wellen sanft abfing. Alleingeburt? Nein, am Anfang des Gedankens konnte ich nicht “Ja” dazu sagen. Doch mit der Zeit und vielen guten Worten von allen möglichen Leuten, guten Büchern und Manifestationen fand ich zurück in das Vertrauen. Vertrauen, das ich verloren hatte mit meinen letzten zwei Geburten. Vertrauen in die Quelle, Vertrauen in die Macht meines Könnens, meines Körpers. Und auf diesem Weg wurde mir eigentlich klar, dass zuhause zu bleiben der einzig richtige Weg war für uns.
Während ich mich mental auf eine Geburt zuhause einstellte, viel mit S. darüber redete und wir uns auf dem Weg fanden, ging ich weiterhin dem offiziellen Plan nach. Plan Krankenhaus. Da wurde mir immer klarer was auf mich zukam. Keine Zeit für einen natürlichen Verlauf. Interventionen wie, pro forma Wehenmittel zwischen dem führenden und dem folgenden Zwilling, Kind 2 zu schienen nachdem Kind 1 geboren wurde, währenddessen einen Ultraschall… Eine Wassergeburt wäre sowieso keine Option und Oxytocin Nasenspray damit die Plazenta schnell kommt, stand auch noch vor dem Stillen im Raum. Alles mit der Anwesenheit von mindestens 3-4 anderen Menschen, nebst S. und mir. Also waren S. und ich uns einig, Plan A – Y hieß Zuhause Gebären, Plan Z eine Krankenhaus-Geburt.
38 + 3 und die Kinder machen noch keine große Anzeichen. Habe vermehrt einen harten Bauch, gesenkt hat er sich schon länger. Es ist Samstag, ich hab einen total beschissenen Tag. Ich muss den ganzen Tag heulen. Ich habe mit meiner Riesen Kugel einen Bauchumfang von 140 cm erreicht und bin total erschöpft. Meinen 160 cm-Körper mag nicht mehr. Meine Eltern sind auf Besuch und bieten an, E. mitzunehmen. Meine Tochter geht also das erste Mal auswärts schlafen. S. kocht ganz fein für uns, mich und L. Wir haben ein unglaublich harmonisches gemeinsames Abendessen im Kerzenschein.
Nach dem Essen setzten wir uns aufs Sofa, es ist ca. 21 Uhr. Pflatsch, hm. Mein Sohn schaut mich mit großen Augen an, ich sage. “Entweder hab ich jetzt in die Hose gemacht oder die Fruchtblase ist auf.” Darauf mein 6jähriger: “Juhuuuu ich krieg heute 2 Brüder!” 😉 (Ok, kein Wunder, habe ich doch den ganzen Tag geheult.)
Ok, wir sind alle glücklich und euphorisch. Ich erkläre L., es haben noch keine Wellen eingesetzt und es könnte auch erst am nächsten Tag soweit sein. Also legen wir uns ins Bett, lesen ein Buch. Er schläft ein. 22 Uhr, die Wellen setzen ein, ganz leicht. Ich entleere mich. Tip Top. Nun komme ich vom Bad gar nicht mehr fort und halte mich am Waschbecken, veratme ein paar Wellen und höre dabei ein Mantra von Deva Premal. Es ist schon nach 11 Uhr, ich rufe S. und bitte ihn den Pool im Dachstock zu füllen.
Kurz vor 12 Uhr gehe ich nach oben, uiuiui, die Treppen sind nicht gerade angenehm. Als ich oben ankomme, überkommt es mich. S. hat den Raum noch viel schöner gestaltet als ich in meinen Vorstellungen gesehen habe. Die Tränen kullern mir über das Gesicht. Ich fühle mich gesegnet und voller Glück. Ich steige in den Pool, es fühlt sich 1000-mal besser an und ist einfach nur gut. Wir rufen unsere Freundin mit Know-How an, welche unsere Geburt begleitet. SA kommt ca. um 1.15 Uhr bei uns an. Ich taste mich ab und denke noch in der Eröffnung zu sein. Die Wellen sind kraftvoll und ich muss ganz schön arbeiten. Sage mir immer wieder “Jaaaaaa! Ahhh. Ich bin weeeeit offen!” Ich vertraue meinem Körper. Meine Gedanken haben Macht. Ich visualisiere ein Bild, das ich gemalt habe vor ein paar Wochen: ein Mandala, welches im Inneren des Kreises ein OM hat. Dieses wird immer grösser und grösser vor meinen Augen.
Kurz vor 2 Uhr sage ich zu S und SA: “Ich bin müde, ich würde am liebsten schlafen.” und gehe zwischen den Wellen fast ins Traumland. SA meint, sie geht sich noch ein Weilchen hinlegen. Mein Mann wärmt während dessen immer wieder das Wasser am Feuer und füllt warmes nach… Herrlich!
Plötzlich habe ich einen wahnsinnigen Druck! Ohhhhhh, ich hab mich doch schon entleert, wieso muss ich nun schon wieder!? Waaaasssss????
SA kommt wieder hoch. Drei Presswehen und L. ist geboren. So fühlen sich also Presswehen an! Mein wunderschöner Junge! Bei mir auf den Armen. Ich kann mein Glück nicht fassen. Die Nabelschnur ist so kurz, die ist beim Hochheben gerissen. Naja, ist passiert. 5 Minuten später spüre ich schon die nächste Welle, was nein, hä? Ich hatte, dass Gefühl L gerade empfangen zu haben. S. nimmt L. , ich gehe wieder auf die Knie und mit weiteren zwei Presswehen kommt J. zur Welt. Diesmal ziehe ich ihn bewusst nicht so schnell so weit nach oben. Die Nabelschnur bleibt intakt. Wunderschön!!!
In einem Abstand von 17 Minuten sind diese wundervollen Wesen zu Erdenbürgern geworden. Beide sind rosig und beide atmen gut. J. brauchte noch einen kurzen Moment länger aber alles gut.
Wir wecken L., er darf die Nabelschnur durchschneiden nach ca. 20 Minuten. Kurz darauf stille ich L., welcher schon am Suchen ist.
Plupp, Plazenta geboren. Ich steige aus dem Pool und stille meine beiden wunderschönen Jungs Tandem.
Es war die perfekte Geburt gefüllt mit Liebe, Vertrauen und Urkraft.
Ich bin so dankbar für diese wahnsinnige Geburt, welche mich und meine Kinder unsere Leben lang begleiten wird.
Danke an meinem Mann S. für dein Vertrauen in mich und dass du losgelassen hast mit mir, trotz unserer Vorgeschichte.
Danke an meine Freundin SA. dass du uns mit deiner Anwesenheit das größte Geschenk gemacht hast das uns eine Freundin machen kann.
Ein großes Danke an unsere Freunde, welche von unserem Plan A – Y wussten und uns darin bestärkt haben!
Foto + Text © Pat