Einerseits ein Segen, anderseits ein wachsender Druck für werdende Eltern: Die vorgeburtliche Diagnostik. Giovanni Maio traut sich mit seinem Buch „Abschied von der freudigen Erwartung“ in das sensible Thema der Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik. Maio, als klinikerfahrener Arzt und Philosoph widmet sich seit mehr als 20 Jahren dem ethischen Bereich der Medizin.
Wer sich schwanger vertrauensvoll in die Hände des behandelnden Frauenarztes begibt, findet sich häufig in Terminintervallen wieder, die als völlig selbstverständlich erscheinen. Die Masse an Schwangerschaftsratgebern empfiehlt penetrant die gleichen Untersuchungen. Die Krankenkasse bezahlt – und was bezahlt wird, wird schon richtig sein. Ruckzuck füllt sich der Mutterpass mit Zahlen und Daten. Manche Frau erwacht dann erstmalig, wenn es um eine unangenehme oder gar schmerzhafte Untersuchung geht (z.B. Fruchtwasserpunktion) oder einer Untersuchung, die selbst finanziert werden muss.
Hier steht sie dann vor der Frage „Nehme ich diese Untersuchung wahr? Wie wichtig sind mir die Ergebnisse? Und, wie gehe ich mit dem Ergebnis um?“ Grundsätzlich dreht sich also alles um die Frage: Ist das Kind gesund?
Maio setzt an diesem Punkt an und fragt herausfordernd: Ist denn nur gesundes Leben wertvoll? Kann ein Leben mit einem behinderten Kind nicht auch (gerade deswegen) erfüllend sein?
Befinden wir uns als Eltern tatsächlich in einer Art gesellschaftlichem Druck, unser noch Ungeborenes Kind in einer Regelmäßigkeit zu prüfen und zu mustern, um es willkommen zu heißen? Oder sind es doch eher unsere persönlichen Lebenswege, die uns veranlassen, nur einem gesunden Kind das Leben zu schenken?
Im speziellen Bezug auf die Präimplantationsdiagnostik, mit der man künstlich gezeugte Embryonen überprüft, bevor sie in die Gebärmutter eingesetzt werden, schreibt Maio:
„Es ist eben gerade nicht so, dass man mit der Präimplantationsdiagnostik die Unbill des Schicksals in die eigene Hand nähme. Man setzt sich vielmehr über das Schicksal hinweg. Denn menschliches Leben mit Gendefekt ist ja nicht mittels Technik verhinderbar, sondern dieses Leben existiert bereits, wenn es entdeckt wird. Die Technik macht dieses Leben nur ausfindig, damit es vernichtet werden kann. Mit einer Meisterung des Schicksals hat das nichts zu tun; vielmehr handelt es sich hier um die Verleugnung des Schicksalhaftem, indem man ein Leben, das existiert, einfach aus dem Weg räumt, damit man das Schicksal nicht erdulden muss. … Statt allein auf das Aussortieren zu schielen, könnte man sein Schicksal dadurch bewältigen, dass man versucht, mit ihm umzugehen, sich mit ihm anzufreunden.“
Letztlich bleiben Maio´s Worte auch nur eine Philosophie. Denn meistern müssen es die Eltern allein, wenn sie sich für oder gegen vorgeburtliche Diagnostik und deren Konsequenzen entscheiden. Ein kleiner Teil von Frauen verzichtet sogar gänzlich auf alle Untersuchungen während einer Schwangerschaft, und gibt sich dem Leben und seinen Herausforderungen hin. Diese Frauen, zu denen auch ich gehöre, sehen einen Grund darin, warum sich das Ungeborene Leben verdeckt und geschützt im Bauch der Mutter entwickeln will. Hat diese Vorgehensweise Vorteile? Ja, denn sie erlaubt den werdenden Eltern eine Zeit, ohne (unnötige) Sorgen, ohne Angst, ohne Zweifel, ohne Unsicherheiten und schwerwiegende Entscheidungen über Leben und Tod. Sie wollen IHR Kind nicht ausmustern, bevor sie es jemals kennengelernt haben.
Eine Schwangerschaft ohne Vorsorge ermöglicht mehr Leben(squalität) im Hier und JETZT.
Natürlich verleitet der triumphieren-wollende Verstand und drängt uns oft zum vorrausschauendem Planen. Aber wer nicht plant, darf mehr genießen! Wer sich dem Stress der Planung nicht hingibt, erlaubt, dem mannigfaltigen Leben erst hervorzukommen. Keine Vorsorge bedeutet also nicht, verantwortungslos zu sein, sondern die Herausforderungen des Lebens zu DEM Zeitpunkt anzunehmen, wenn sie geliefert sind.
Deine Meisterin der Geburt
Jobina Schenk
danke! danke! danke!
Ich lese deine Seite mit so viel Dankbarkeit darüber, daß jemand in gute Worte fasst, was ich denke, fühle und er-lebe, oder vielmehr: was ich empfinde, erfühle und was letztlich zu meinen Gedanken wird.
Ich würde mich freuen, wenn wir einander anders als nur virtuell kennenlernen könnten.
Danke! Danke! Danke! Für Dein Feedback. Ich schreibe Dir mal eine Email.
Gruß J.
Ich möchte mich dazu eigentlich auch mal äußern. Ich stimme im Tonus überein, dass ein „besonderes“ Kind genauso viel Wert ist wie ein „gesundes“ Kind. ‚
Allerdings finde ich diese Überwachungen sinnvoll – zumindest in dem Maße, das sie einem angeboten wird. Ich kenne eine Mutter, die trotzt Untersuchung besondere Kinder auf die Welt brachte – beim Dritten war sie jetzt wesentlich vorsichtiger. War sich aber dem Risiko durch die Untersuchung voll bewusst!
Es ging alles gut, Baby Nr. 3 ist gesund und wird jetzt schon genauso geliebt wie seine Geschwister.
Ich habe auch ein paar Vorsorgen beim FA gemacht.
In der ersten SS lediglich beim Fa, jetzt im Wechsel FA zur Hebamme (jetzt nur noch Hebi). Zu ihr gehe ich mehr wegen meiner Psyche, statt dem Körperlichen.
Ich habe mich dazu entschieden, dass ich wissen möchte, ob mein Kind „besonders“ wird. Denn für mich stand fest, dass ich mich einem besonderen Kind nicht gewachsen fühle – weil ich Angst hätte, es anders als seine gesunden Geschwister zu behandeln. Und das hätte es nicht verdient.
Aber ja – es wird in der modernen Medizin zu viel über den Kopf der Schwangeren hinweg entschieden und ihr ein gefühltes schlechtes Gewissen gegeben, wenn sie bestimmte Untersuchungen ablehnt oder sich gegen eine „Göttermeinung“ auflehnt.