Geburtsbericht: Alleingeburt in Indien

GASTBEITRAG von MARIANNE

Ich habe meine Schwangerschaft ab dem 7. Monat in Indien verbracht, da ich aus Angst vor der Angst den Drang verspürte, aus Europa „zu fliehen”. Ich habe in meinem Leben noch keinen Gynäkologen gesehen, auch keine Hebamme. Nicht, weil ich sie nicht leiden könnte, sondern, weil ich das starke Bedürfnis verspürte, mich selbst zu spüren und das wunderbare Geschenk von Schwangerschaft und Geburt intuitiv zu leben. Als ich vor knapp drei Jahren mein Kind auf die Welt brachte, eröffnete sich mir eine Kraft, von der ich zwar geahnt, aber doch keine Ahnung hatte. Ich denke, dieses Wissen, dieses Vertrauen, ist ein großer Schatz.

Geburtsbericht:

Ich hatte am Morgen des 25. eine hübsche Wehe, nach der sich dann aber nichts mehr tat, so dass ich sogar abends noch an den Strand ging und mit zum Konzert, das Adrien spontan hatte. Eine Wohltat, die völlig erstaunten Blicke der Leute zu sehen, die fragten, wie lange es denn wohl noch hin sei, wenn man dann mit: „Der Termin ist morgen.“ antworten kann, grinst und sich weiterhin leicht wie eine Feder (Kloßfedern! gibt’s wirklich…) fühlt.

Den 26. habe ich dann fast ganz verschlafen und hatte auch unendlich schlechte Laune aber keine Wehen, was wohl zusammenhing.
Ersteres besserte sich dann schlagartig abends, das ging dann mit Heißhunger auf Süßes einher. Adrien spurtete also los und kam mit Kuchen und Bananen, sowie Saft zurück und ich schlug vor, wir sollten doch jetzt „Ponyo sur la falaise“ gucken.  Das ist ein hübscher Zeichentrick […] . Während dieses Filmes hatte ich dann ein paar Wehen, vielleicht 4, aber kurz und gut erträglich, allerdings deutlich anders, als bis dahin.
Gegen zehn oder elf beschlossen wir dann zu schlafen. Naja, die Wehen wurden stärker und ich wachte stündlich auf, um auf Klo zu gehen, weil Lukas’ Kopf entsetzlich auf meine Blase drückte. Außerdem wuchtete ich noch einen schweren Sessel durch die Gegend, weil ich dachte, ich könnte mich auf ihm entspannen und dieser stand aber vom letzten Wischen noch völlig unbrauchbar auf einer Ablage/Tisch/Bett ohne Matratze (nicht so ganz klar, was das eigentlich ist), ich wollte Arien nicht wecken.
Als ich dann endlich auf dem Sessel platznahm, trat der gewünschte Effekt natürlich nicht ein und  ich versuchte irgendwelche anderen Positionen zu finden. Das beste war und blieb sitzen, so meditationsähnlich wie möglich. Nur doof, dass ich so müde war.
Ab halb drei ging ich halbstündlich auf die Toilette (da man an der einzigen Uhr auf dem Weg zur Toilette vorbeikommt, habe ich Toilettengangsabstände und nicht Wehenfrequenz gemessen und mit dem Liegen wurde es immer unbequemer. Als ich um fünf dann völlig übermüdet keine entspannte Haltung mehr finden konnte, weckte ich Adrien, der dann mal vor, mal hinter mit saß, während ich ein bißchen vor mich hin litt, falls ich nicht gerade dabei war durch die Wohnung zu tigern oder meine Blase um drei Tropfen zu erleichtern.
Jedenfalls fanden wir eine geniale Position, weil ich eine relativ heftige Wehe auf dem Klo hatte. Während ich also saß, stütze Adrien sein Hände vor mir stehend auf meine Schultern, so dass ich meine Arme über meinem Kopf und seinen Armen verschränken könnte. Da machte es pf und platsch und die Fruchtblase war geplatzt.
Irgendwie schaffte ich es gen Bett, da musste dann die Plastefolie ausgebreitet werden, samt Tücher darauf. Die Toilettenposition behielten wir inne. War einfach am besten.
Adrien machte sich ein wenig über meine Tigerlaute („wie ein erkältetes Tigerchen“) lustig, wohl in der Absicht, mich abzulenken, oder weil es einfach zu lächerlich war, nicht loszubrüllen, um die Familie unten nicht zu schockieren.
Gott sei Dank hat er mich mehr oder weniger dazu gezwungen, indem er immer wieder auf mich einredete, dass alles andere doch Quark sei und siehe da, es wurde schlagartig „besser“. Ich brüllte mich also in eine Art Trance, bis ich ganz deutlich spürte, dass sich wirklich was großes bewegte, woraufhin ich panisch wurde, weil ich dachte, dass ich ja unmöglich auf dem Ausgang sitzen bleiben könnte. Adrien half mir, mich zu drehen, so dass ich mit dem Rücken zu ihm auf Knien, gestützt auf meine Arme und schon fast wütend, dass es nicht schneller zu Ende war, weiterbrüllen konnte. Jedenfalls hat diese Wut wohl geholfen, da die nächste Wehe zu meinem Erstaunen den Kopf halb rausgucken ließ. Das hat mich so verdutzt, dass ich aufhörte und hinfühlen musste um dann völlig irritiert ob der Form zu sein, weil der Kopf so zusammengedrückt war, dass er oben spitz zulief (ich dachte immer, dass sich die Platten übereinander schieben – offensichtlich ein Missverständnis aus dem Bio-Unterricht). Noch halb irritiert, aber voller Hoffnung nahm ich alles, was ich hatte und drückte Lukas quasi im Ganzen nach draußen.
Wie spät es war, als ich anfing zu brüllen, wissen wir nicht so genau, aber mehr als anderthalbstunden hat es nicht mehr gedauert, da reichte mir Adrien unser glipschiges Etwas und ich war ganz beglückt und Adrien auch.
Foto & Textbeitrag ©Marianne Richter
Marianne lebt heute mit und von ihrer Musik in Frankreich.
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