Ich hab versagt. Warum Versagen ein Geschenk ist und JoNi die schmerzfreie Geburt propagiert

 

Kurz nachdem der Online-Kurs JoNi veröffentlicht war, flatterte mir eine Nachricht ins Email-Postfach.

„Wollt Ihr wirklich die schmerzfreie Geburt propagieren? Und was passiert, wenn die Geburt dann doch nicht wie erwartet schmerzfrei abläuft? Mit der Kursbewerbung in Richtung schmerzfreier Geburt bringt Ihr möglicherweise die Frauen ins Scheitern. Sie haben dann das Gefühl, versagt zu haben!“

Erstens: Ja – Wir wollen die schmerzfreie Geburt propagieren

Ja – Wir wollen die schmerzfreie Geburt propagieren! Weil sie unsere Wahrheit ist. Weil wir (Nina und ich) den Geburtsschmerz selbst erlebt haben und daraufhin einen schmerzfreien Geburtsweg gefunden haben. Weil übrigens auch viele andere Frauen schmerzfreie Geburten erlebt haben und weil es längst Zeit ist für diesen Paradigmenwechsel.
Wir wollen mit dem Kurs keine Erwartungshaltung schüren, sondern das Wissen liefern, WARUM eine Geburt schmerzfrei sein kann und zeigen Lösungswege, WIE eine Frau dies auch erreichen kann. Was jede einzelne Teilnehmerin davon umsetzen will und kann, liegt in ihrer eigenen Verantwortung und deshalb können wir keine Garantie übernehmen, dass die Geburt dann auch wirklich schmerzfrei wird.

Aber die eingangs genannte Email hat mich auf ein ganz wichtiges Thema gestossen. Das Versagen. Das Gefühl, versagt zu haben.

Lass uns unbedingt mal über das „Versagen“ sprechen.

Zweitens: Versagen und warum es ein Geschenk ist

Ich persönlich benutze diese Wort gar nicht. Aber wenn dieses “Versagen”, bedeutet, dass man eine Erfahrung macht, dann muss ich sagen:  Ich liebe es zu versagen!
Dann betrachte ich Versagen wirklich als ein wunderbares Geschenk. Versagen setzt ein ungeahntes Potential frei. Potential, es nochmal zu versuchen. Weiterzumachen. Weiterzudenken. Etwas weiterzuführen. Auszuprobieren. Verschiedene Wege zu testen. Versagen gibt mir die Kraft, es noch einmal zu versuchen. Ich wäre ganz sicher nicht da, wo ich heute bin, wenn ich mein Versagen nicht genutzt hätte, um darüber hinauszuwachsen.

Ich möchte Dir ein anderes Beispiel zeigen, damit Du die Chance hast, das Geschenk des Versagens besser zu verstehen.

Mein Sohn, jetzt 4 Jahre alt, steht schon lange mit großen Augen vor der Halfpipe und schaut den Skatebordern zu, wie sie galant mit einem rollenden Brett unter ihren Füßen Rampen fahren. Er liebt Filme, in denen Skateboarder waghalsige Stunts fahren. Seit er zum ersten Mal, solch einen jungen Typen hat fahren sehen, ist er fasziniert davon. Mindestens 1 Jahr hat er gebettelt, dass er auch mal ein Skateboard bekommt.
Ich hab ihm eins gekauft! Vor zwei Wochen!
An diesem Abend des Kaufs war er freiwillig ohne großes Murren ins Familienbett gegangen. Und während ich mich noch darüber wunderte, erblickte ich den Grund. Er lag mit seiner neuen Errungenschaft im Bett, hatte sein Skateboard fest umklammert und grinste mich voller Vorfreude auf den nächsten Tag an.
Natürlich wollte er am nächsten Tag mit dem Skateboard in den Kindergarten fahren. Ich ließ ihn machen und bereits nach wenigen Metern Wegstrecke überlegte ich, ob das wirklich so eine gute Idee war. Die Hauseingangstür noch im Blickfeld bot ich meinem Sohn an, das Brett wieder hinzustellen und nachmittags weiter zu üben. „NEIN!“
Wir meisterten weitere 5 Meter. „Schaffst Du es wirklich bis in den Kindergarten?“ – „JA!“
Er wollte es so sehr und probierte irgendwie mit diesem Ding klar zu kommen. Ungefähr auf der Hälfte der Strecke war meine mütterliche Geduld zu Ende. Seine Tränen waren in Wut umgeschlagen. Ich bot an, das gute Stück zu tragen und er könne den Rest des Weges laufen. „NEIN!“
Während ich 3mal tief durchatmete um seinen ebenfalls immer ungeduldiger werdenden kleinen Bruder zu besänftigen, schoß eine mega Welle Aggression durch ihn. „Du blödes Skateboard!“ Mit all seiner Kraft verpasste er seinem Board einen kräftigen Wut-Tritt und ich sah, wie es zwei Meter durch die Luft flog um auf dem Asphalt zu landen. Sofort stürzte er hin, streichelte die Stelle, an der nun der erste fette Kratzer war, um es dann wieder fahrbereit hinzustellen und einen neuen Versuch zu wagen. Als dieser wieder scheiterte ergriff ihn die Wut abermals. Er stampfte wütend drauf, erwischte nur das Ende, was zur Folge hatte, dass sein Brett hochkatapultierte und an seine Wange klatschte.
In Anbetracht eines weinenden 4jährigen der sich nun die Wange vor Schmerz hielt und diesem sich zur Wehr setzendem Board, trennte ich die Beiden. Schweigend gingen wir den Rest des Weges.
Im Kindergarten hatte ich ihn gerade gedrückt, geküsst, geherzt und winkte ihm, als er mir hinterherrief „MAMA! WENN DU MICH ABHOLST, VERGISS NICHT MEIN SKATEBOARD MITZUBRINGEN!
Wir übten auch auf dem Nachhauseweg dieses Skateboard zu rocken, den ganzen Nachmittag, und den darauffolgenden und das ganze Wochenende. Bis er es halbwegs konnte. Bis er das Gefühl hatte, das Brett unter Kontrolle zu haben. Er wird auch noch Zeit brauchen, bis er wirklich eins wird mit dem Brett. Aber er ist dabei. Er ist auch seinem Weg.

 

Was wäre passiert?

Was meinst Du? Was wäre passiert, wenn ich ihm sein geliebtes Brett weggenommen und in eine Mülltonne gesteckt hätte, die am Wegesrand stand? (Ich gebe zu, ich hatte diesen Gedanken!)

Mein Sohn hatte in diesem Moment bestimmt auch ein ein starkes Versagensgefühl. Er hatte all die großen Skateboarder im Kopf, die mit Leichtigkeit die Pisten entlang boarden. Er wollte das auch. Aber er realisierte, dass er es nicht konnte. Und das machte ihn wütend. Wütend auf das blöde Brett. Wütend auf sich selbst, dass er es nicht hinkriegte. Aber seine Vision war, einer von ihnen zu werden und deshalb stieg er immer wieder auf. Bis er es meisterte.

Wenn ich ihm das Board für immer weggenommen hätte, dann hätte ich ihm der Gelegenheit beraubt, es zu meistern. Er hätte sein Versagensgefühl nicht umwandeln können in ein Erfolgsgefühl. Er wäre in der Rolle des Skateboard-Versagers geblieben und hätte vielleicht all seinen Kumpels abgeraten, jemals auf solch ein blödes Ding zu steigen. Er hätte, um sein Versagen zu ertragen, vielleicht behauptet: „Das geht gar nicht, dass ein Mensch auf einem Rollbrett fahren kann! Das ist Schwachsinn!“

Schmerzfreie Geburt ist kein Schwachsinn

Um auf das Thema Geburt zurückzukommen. Da draußen gibt es viele Frauen, denen ihr Skateboard weggenommen wurde. Sie haben nie die Gelegenheit bekommen, eine Geburt eigenmächtig zu meistern. Sie sind nie in die Erfahrung einer schmerzfreien Geburt gekommen und deshalb verteidigen sie sich, in dem sie sagen, eine Geburt ohne Schmerz sei Schwachsinn und raten davon ab, dies zu propagieren und warnen davor eine Erwartungshaltung zu erzeugen, die Versagensgefühle produzieren könnte.

Ich liebe Versagensgefühle! Ich habe schon oft versagt! Aber ich durfte mich immer aus meinen Versagensgefühlen erheben und daraus einen Erfolg zurechtknüpfen. Und das ist das Geheimnis von Erfolg. Und auch das Geheimnis schmerzfreier Geburten. Es ist und bleibt ein Prozess. Ein Lernprozess zwischen Hinfallen und Aufstehen. Zwischen Versagen und Meistern.
Das Gefühl versagt zu haben ist ein Geschenk. Denn es bietet potentiell die Möglichkeit, es besser zu machen.

Du bist kein Looser, wenn du beim ersten Mal dein gestecktes Ziel nicht erreicht hast. Im Gegenteil, du bist um eine Erfahrung reicher. Und wenn du ein paar Parameter veränderst, um die gelooste Erfahrung nicht noch einmal zu wiederholen, dann wächst Du über Dich hinaus.

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Also bitte, mach den JoNi-Kurs nicht, wegen der Erwartungshaltung an Dich selbst oder weil Du es anderen beweisen willst. Mach den Kurs nur, wenn Du an die Vision einer schmerzfreien Geburt glaubst und bereit bist, im Falle des Scheiterns weiterzumachen. Wir verraten Dir in JoNi, wie Du mit Deinem Skateboard umgehen kannst, aber damit eins zu werden liegt völlig bei Dir.

Ich liebe es zu scheitern, weil es mir die Kraft gibt, es noch einmal zu versuchen.
Und wenn Du irgendeine Form des Versagensgefühls in dir trägst, dann ist das nur die Aufforderung, es nochmal zu probieren.

Viel Erfolg.

Deine Jobina Schenk

5 Gedanken zu „Ich hab versagt. Warum Versagen ein Geschenk ist und JoNi die schmerzfreie Geburt propagiert“

  1. Liebe Jobina, hab ganz herzlichen Dank für diesen Beitrag! Ich finde ihn unendlich wertvoll! Gerade als Erstgebärende habe ich mich, trotz aller Vorbereitung auf eine friedliche Geburt in meiner eigenen Kraft, so oft und immer wieder (selbst durch die Hebamme) immer wieder verunsichern lassen. Aussagen wie “Stell Dich nicht drauf ein, dass es schmerzfrei wird!” oder einfach nur Gesichter, die schmerzvoll verzogen werden, wenn ich sage, dass ich mich auf die Geburt meines ersten Kindes so sehr freue, brachten mich völlig aus dem Gleichgewicht. Mittlerweile spreche ich gar nicht mehr darüber und schotte mich soweit möglich ab und bitte mein Umfeld darum sich Kommentare und Ideen zum Potentiellen Geburtsablauf zu verkneifen. Irgendwann kam in den letzten Monaten auch die Erkenntnis, dass einfach alles möglich ist, und meine Geburtserfahrung wertvoll für mich ist, egal wie sie abläuft. Dein Beitrag bestärkt mich ganz einfach darin auf mich selbst – auf meine Intuition und weibliche Kraft zu hören und zu vertrauen. Hab vielen Dank für Dein Buch, Deine Mut machende Seite und die tollen Geburtsberichte!

  2. ich hab grad eben dein buch kommentiert und nun sehe ich, dass ihr hier genau das thema ansprecht, was mir in meiner rezension in den sinn kam. geburt ist ja auch kein wettkampf, den frauen untereinander vergleichen müssen à la “wer hatte die schmerzfreiste geburt” oder sowas. abgesehen davon ist auch die formulierung “geburt ist schmerzhaft” eigentlich viel zu ungenau, denn eine geburt besteht ja dann bekanntlich doch aus recht vielen phasen, die mitunter die verschiedensten empfindungen mit sich bringen! 🙂

  3. Grundsätzlich ein guter Gedanke, aber 3x am Tag mit dem Skateboard zu üben, ist sicher unkomplizierter als dass 7.Kind zu bekommen, um die “schmerzfreie Geburt” zu meistern.

    Viele Frauen bekommen nur 1 oder 2 Kinder. Und wenn es da nicht klappt mit der “Wunschgeburt” und das Gefühl des Versagens dann da ist, wird es sicherlich nicht soooo leicht sein dieses Gefühl ohne eine erneute, positive Geburt umzuwandeln. Es wird bleiben.

    Also wie gesagt, guter Gedanke, nur den Vergleich finde ich absolut unpassend 😉

  4. Liebe Jobina, danke für diesen wundevollen Beitrag.
    Ich bin 48 Jahre und habe 4 Kinder bekommen, alle in einer Klinik, alle schmerzhaft, alle nicht so wie ich mir es gewünscht hätte, aber das ist eine andere Geschichte. Ich habe mich dennoch nicht als Versagerin gefühlt, weil ich meinen Kinder versucht habe Kraft zu geben. Sicher habe ich auch in der Erziehung nicht immer alles richtig gemacht, aber ich habe versucht meinen Kindern zu sagen, du schaffst das, egal was du dir auch vornimmst. Und heute bin ich sehr, sehr stolz auf meine Kinder, weil sie alle IHREN Weg gehen und genau wissen was sie wollen. Zum Beispiel meine große Tochter zum ersten mal schwanger ist, Zwillinge erwartet, diese zu Hause allein gebären möchte und ich genau weiß, dass sie das schafft. Sie ist sich so sicher und diese Kraft von ihr spüre ich so genau.
    Ich freue mich schon auf diese Geburt.
    Beste Grüße
    Juliette

    1. Liebe Juliette,
      Es macht mich glücklich zu lesen, dass es da draußen Mütter wie Dich gibt, die ihre Kinder konsequent ermutigen ihren eigenen Weg zu gehen.
      Möge Deine Tochter eine wunderbare Zwillingsgeburt haben und ihr gemeinsam eintauchen in den heiligen Raum mütterlicher bedingungsloser Liebe!
      Alles Gute.
      Ich freu mich schon auf Euren Geburtsbericht!
      J.

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